Und plötzlich wieder Samstag, über den alten schwarzen Dächern. Alles noch unfertig und roh. Erste Stimmen, erste Musik, die Routinen der anderen Wohnungen tönen von den Balkonen. Irgendwo wird ein Tisch gedeckt, irgendwo erledigt eine Kaffeemaschine ihre Arbeit. Auf der Kreuzung liegen Walnüsse, aber die Krähen sind nirgends zu sehen. Vor dem Supermarkt des geringsten Misstrauens fegt eine junge Mitarbeiterin Scherben und Zigarettenstummel zusammen. Die Kirchglocken schweigen wieder, und noch immer verharrt die Nachbarschaft im Schlaf länger werdender Nächte, im Schlaf vor Tagen, in denen man sich Plänen widersetzen kann. Erste Wege, erste vorsichtig gesprochene Worte. Noch nicht ganz da, vor dem ersten Kaffee. Kommt gut in den Morgen!

Wieder unter offenem Himmel. Irgendwann flohen die Wolken dann doch, jetzt spannt sich weiches Blau über die Dächer, frühes Tageslicht spielt mit altem dunklem Stein. Das Haus an der Ecke hat die Balkontüren weit geöffnet, auf halber Höhe stehen leere Flaschen neben einem kleinen Klapptisch. Soweit das Auge reicht, schläft die Stadt noch, nur von hinter dem Park dringt der Klang alltäglicher Geschäftigkeit. Letzte bewusste Traumsequenzen verlieren sich im morgendlichen Vergessen. Neue Bilder entstehen auf der Leere, die zurückbleibt. Aber für den Moment sind da nur Eindrücke: vor dem ersten Kaffee mag der Geist nur beobachten, fallen strukturierte Gedanken und Wertungen schwer. Kommt gut ins Wochenende!

Vormittags im Treppenhaus. Soziale Interaktionen üben, und den freundlichen Standardmodus, der auch im hauptsächlich koffeinwachen Zustand funktioniert. Kleine Kinder robben über die Stufen, eine Wohnungstür steht weit geöffnet. Das Haus kennt fast nur junge Mieter, trotzdem weht ein alter, muffiger Hauch aus dem warm beleuchteten Korridor. (Durchatmen auf der Straße. Die Bäume gegenüber glühen goldgelb, als wöllten sie wettmachen, was die Sonne heute verweigert. Indifferent der Herbst, auch heute.)

Auf der anderen Seite der Nacht: Unterwegs durch Labyrinthe, innen wie außen. Eigene Flure stellen sich verwinkelter und länger dar als noch am Vorabend, während frühe Wahrnehmung ihre Bahnen durch ein noch ebenso unkartiertes, ebenso lichtloses Bewusstsein suchen. Kaltes Wasser im Gesicht, dieser neue Morgen blendet selbst in niedriger Dosierung. Die Luft ist kühl und klamm wie ein vergessenes Handtuch. Und das Viertel schweigt noch düster. Zu allem. Samstag, Erkundung der frühen Grenze von Zurechenbarkeit. Noch ohne Kaffee. Habt es mild heute. 

Einer von diesen Tagen also: Viel zu spät im Schlaf verschwinden, und dann aufschrecken, als der Morgen schon deutlich über den Dächern steht. Im ersten Blick über die noch stillen Höfe und ihr dichtes Grün springen alle Gedanken durcheinander, wild und bunt genug, dass der Geist keinen richtig erkennen kann und der Kopf sich gleichzeitig beladen und seltsam leer anfühlt. Wespen und Spinnweben am offenen Küchenfenster. Eine Meute aufgescheuchter Spatzen unten im Baum. Nachbars Radio und seine merkwürdigen Präferenzen an Musik und Nachrichten. Noch besteht der Samstag aus losen Fragmenten, die zusammenfinden müssen. Aber nicht vor dem ersten Kaffee, diese Zeit muss sein. Habt es mild heute!