Weit hinter dem Tag: Ausrasten, im nach innen gewandten Sinn. Irgendwann ist der Abend erneut in die übliche Haltung gerutscht, in der man viel zu lange verharrt und die spürbar wird, sobald es an ungewohnte Bewegungen geht. Strecken, zur Zimmerdecke, Gähnen mit halb geschlossenen Augen. Wieder ein wenig mehr der eigenen Länge gewinnen, knirschend und knackend. Maschinen formen noch einmal Daten, die Bildschirme schon etwas matter. Vor den Fenstern liegt klare unentschlossene Nacht, sich zwischen Herbst und Winter wähnend, in das milde Leuchten der letzten noch wachen Häuser getaucht. (Nebenan erörtern ernste Stimmen Schwerwiegendes, das jeden Ton färbt, auch wenn die Wand Worte und Bedeutung schluckt. Türen schließen, Räume wechseln, bevor die nahenden Träume gar zu hellhörig werden.)

Zwischen den Häusern, zwischen den Stunden. Es regnet. Gelegentlich fühlen sich die Schritte weich und leise an, dann findet man letzte dunkelbraune Haufen nassen Laubs, wieder freigelegt vom geschmolzenen Schnee. Im Supermarkt des geringsten Misstrauens wird im Kassenbereich gebaut, nur ein Band ist frei, die Schlange lang wie selten, und es zeigt sich: Rücksichtslose Arroganz kennt kein Alter, kein Geschlecht, keine soziale Gruppen. Der junge Kassierer reagiert zunehmend genervt auf jede Frage, warum denn alles so lang dauert. Weiter hinten wird über die Raucher und Trinker geschimpft, weil im Gang Wägen mit Zigaretten und Fusel stehen und irgendwer wohl dort die Ursache des Wartens ausgemacht hat. (Und ja, dort, wo ehedem Süßigkeiten Kinder am Ausgang fangen sollten, werden die Warenträger größer, die Flaschen kleiner, die Getränke hochprozentiger, vis-a-vis der Auslagen mit Boulevard-Magazinen und Tagespresse. Vielleicht gibt es ja verborgene Zusammenhänge.)

Throwback Dec 7, 2014. Most likely on the St. Nicolas Christmas Market that used to happen once every year in Dresden, at least until the pandemic struck. (Initially posted to Facebook. Interesting to browse through the old comments, nine years later, and the profiles that left them. Seems at some point everyone over there turned into a quiet left-open account and public sink for annual birthday wishes but without further activity or interaction.)

(Dann wieder Morgen, die Gedanken sind immer noch verknotet, die Heizkörper immer noch kalt. Start in den Tag im Zwiebelmodus, Kaffee noch mehr als sonst früher Antrieb und erste Wärme, dazu vorsichtiges Grübeln, ob der kleine elektrische Lüfter schnell genug den Raum erwärmt oder eher Schwindelgefühle erzeugen wird durch die merkwürdigen Düfte, die er verströmt. In solchen kurzen Momenten spürt man die Privilegiertheit städtischer Infrastruktur, die beschränkte Handlungsfähigkeit in Ausfällen sehr. Also: Irgendwie in Bewegung bleiben, soweit das der Lauf der heutigen Dinge hergibt. Im Winterfach des Schrankes graben. Und wieder daran denken, dem Hausmeister bei Gelegenheit einen Weihnachtsmann in die Tasche zu stecken - unschlüssig, ob als Dank oder als Bestechung. Habt es warm heute!)

Und wieder zwei Fuß breit in der Nacht. Entlang des Weges sind die Heizkörper ausgekühlt, flieht mit dem Licht auch die Wärme aus den Stunden. Maschinen zittern nochmal unter Last, rechnen einige kleine Fragmente, bevor technischer, traumloser Schlaf anbefohlen wird. Dann: Begonnenes ablegen, so gut es geht, hoffend, dass bis zum Morgen die instabile Ordnung bestehen bleibt, die ersten Griffe die richtigen Dinge richtig zu fassen bekommen, ohne dass man allzu weit zurückgeworfen wird. (Und dann Lesen in und zwischen den Zeilen, der Geschichte folgen, bis Augen und Bewusstsein sich in ungeschriebenen Worten verheddern und die Abwege immer schwerer zu korrigieren sind. Lernen, wann es Zeit ist, dem Tag seine Ruhe zu geben.)