Unsere Dunkelheit in der Stadt, unsere Dunkelheit auf dem Land. Scheinwerfer über brüchiger Straße. Gelegentlich der Schimmer ferner Häuser im dünnen Wald, gelegentlich die Augen wilder Tiere, oder nur Irrlichter am Rande des Schlafes. Dann kommt man wieder zum Stehen, schließt die Tore hinter sich, atmet die Luft, die nach Blumen, erstem trockenem Gras und der Nacht der Hügel duftet, verabschiedet die letzten der heutigen Bilder und lässt den Abend ziehen, während der Bach unbeirrt in den Wiesen rauscht. (Traumbehausungen. Kurz vor Mitternacht.)

Nah an Mitternacht. Noch immer brennt die Kerze, hält ein wenig Wärme im Zimmer. Ausreichend hell bleibt es, nur Spiegelungen zu sehen vor den kleinen Fenstern und dem Dunkel kurzer Tage dahinter. So leben alte Geschichten unter sich. Es friert wieder, genug, um in die Mauern zu fassen und im Inneren widerzuhallen, aber noch nicht genug für Eisblumen. (Wenn der Wein zur Neige geht, fragt man sich, wo der Igel wohl in den kalten Wochen schläft und ob er es dort warm haben darf.)

Es geht auf Mitternacht zu, durch die Stadt treibt eine fast körperlich fühlbare Stille. Andere Straßen. Beton und Gleise im urbanen Niemandsland, verlassen um diese Zeit und leer. Eine Bahn zieht pfeifend vorüber, nur Sekunden liegen zwischen dem ersten Moment in ihren Scheinwerfern und dem Verklingen der sich entfernenden Räder auf den Gleisen. Schranken, Ampeln, rote Signale. Unförmige Schatten auf dem Asphalt. Gänsehaut, kalt auf dem Rücken, während die Wahrnehmung und das Gefühl die Realität übertönen. (Man findet schnell den Rückzug ins eigene Viertel. Dorthin, wo die Studenten im offenen Erker den Freitag feiern, wo der Rauch von Kohlen und Zigaretten in der Luft liegen und der Tag einen behüteteren Nachhall zurücklassen kann. Alte und neue Geistesgeschichten, Oktobernebel im Haar.)

Viel später: Die Gärten schlafen, die Straßen längst auch, nur vereinzelt feiern noch Jugendliche die Weite und Freiheit der Nacht. Über uralten Gassen schlagen uralte Glocken, ein abnehmender Mond hängt schwer in den Bäumen des Parks. Träge sind die Schritte geworden, müde der Geist. Ein Tag verhallt, die Elbe fließt nordwärts, alte und neue Geschichten verklingen. In den anderen Höfen niest jemand heftig. Eine andere Stadt sucht ihre nächsten Träume.