Schließlich: Am Rande des Sonntags wieder hinter den Fenstern stehen, die dunkle Stadt beobachten und ihre falschen Sterne zwischen den Häusern. Ein Hubschrauber blinkt über dem Fluss, unten werden Koffer aus einem großen Fahrzeug geladen, gegenüber fluten düstere Nachrichtenbilder den winzigen Raum. Schatten von Herbstblumen, hier, auf Tischdecke und Bücherregal. Noch ein wenig Musik, während das Haus Schlaf sucht, aber das Klavier klingt heute nicht richtig, die Töne finden wenig Harmonie. Unschlüssig - eigentlich braucht alles mehr Licht, aber im Dunkeln fühlen sich Abend und Nacht etwas milder an. (Energiesparmodus. Woche hinter dem Horizont. Wer als Letztes schläft, verpasst die helleren Träume.)
Dann wird der Nachtwind forscher, wirft Regen an Fassaden und Fenster, schlägt offene Türen derb in die Schlösser und reißt missmutig an den Pflanzen, die seinen Weg in den dunklen Flur bremsen. Kerzen erlöschen, Rauch zieht Formen in trübem Kunstlicht. Unten eilen Schritte über die Platten, Stimmen sprechen atemlos und unter Stress. Hinter nassem Glas zeichnen sich die Schatten dazu ab, unscharf und konturlos und irgendwann in einem Hauseingang dem Blick entflohen. Herbst von hier bis zum wolkigfinsteren Himmel.
Spät und noch am Fenster des Heimbüro. In einer merkwürdigen Mischung aus Zerstreutheit, Sprunghaftigkeit und dem Schwung, der all die blauen vollen Stunden heute überdauert hat, einen noch ein gutes Stück weit mitnimmt und fortreißt. Große Motten drehen ihre Bahnen um die Lampe, irgendwo im Halbdunkel des Flures glühen Katzenaugen, fortgesetzte gespannte Unruhe zeichnet sich ab. Unten schlägt währenddessen immer wieder die Tür der Kneipe ins Schloss, entlässt Schwaden aus Zigarettendunst, abgestandener Luft und verblasster Musik in die Leere der Straße. Ein Taxi wartet auf Passagiere, seit Minuten schon, und der Busfahrer schlendert ohne Eile zur Haltestelle, einen Rucksack schief über die Schultern geworfen und Kaffeebecher in der Hand. Viele dunkle Pfade führen in die Nacht.
Zurück im Viertel. Frösteln unter der Jacke. Nachtbus rollt über die Kreuzung, in der Querstraße parkt ein später Heimkehrer umständlich ein. Nur aus den Wohnungen der Häuserecke fällt trübes Licht, der Rest der Straße liegt fast vollständig im Dunklen. Eigene Schlüssel in der eigenen Tür schließen spüren. Gedanklich die Strecke vermessen seit der anderen Dämmerung, die Strecke durch den Tag, ihre Serpentinen und Umwege. Nachbars Fernseher brüllt Nachrichten bis weit hinter die Grenzen der umschließenden Wände, elektrische Stimmen hallen im leeren Aufgang und halten den Abend davon ab, auch hier zur Ruhe zu kommen. (Es braucht noch einige Zeit, den Takt der Stunden abzuschütteln und auszuschwingen, auszubalancieren: Unruhiger Drang zu fortgesetzter, halbwegs zielgerichteter Tätigkeit gegen den Wunsch, die Fenster zu öffnen und in der frischen Luft bis in den Morgen zu schlafen.)