Kurze Besorgungen in der Mittagspause. Nur um ein paar Meter zurückzulegen. Sonne an fast klarem Himmel, Winterkälte auf der Haut. Größenverhältnisse, zum ersten: Nachbar trägt einen beeindruckend kleinen Tannenbaum durch die Straße, gelegentlich schüttelnd oder gegen die Hauswand streifend, eine Spur grünbrauner Nadeln hinter sich her ziehend. Größenverhältnisse, zum zweiten: Die Hinterhofkinder von einst umrunden, die an der Haltestelle auf den Bus warten. Um Kopfeslänge überragt werden, und eigene vage Gefühle unterdrücken dahingehend, wie einen die Jahre selbst kleiner und unbedeutender werden lassen im großen Ganzen. Wasser, Joghurt, kein Kuchen. Und weiter, in kleinen Schritten. 

Schließlich wieder am Wegesrand: Dem Wasser nachspüren. Hand im Gras, nur für einen Augenblick. Unschlüssig, ob der weiche Nebel lichter oder dichter wird. Oder ob er überhaupt real ist. Städtische Arbeiter in Warnwesten ändern die Verkehrsführung, ein bulliges schwarzes Auto rollt durch die Kreuzung und hupt, kurz und durchdringend. Zumindest ein Kontakt mit der Bahn bleibt immerhin aus, aus einer heruntergelassenen Scheibe tönen Zorn und Egoismus. Halb durch die Zeit des Heute, noch weit auf der Strecke im Plan. Sinnieren über Notwendigkeit und Rechtfertigung von Pausenzeiten. Und Warten auf Sonne. Oder Schnee.

Gras und Regentropfen.

📷 lost-in-moments

Mittag neben den Häusern, auf der Straße, in den Gängen, zwischen Regalen. Die Praktikanten im Supermarkt des geringsten Misstrauens haben die Lieferung ausgeladen, schnell, aber falsch. Laute Stimmen, harte Worte inmitten umgelagerter Paletten und  kreuz und quer gestellter Warenträger. Selbstbewusste Kunden stellen die letzten Durchgänge zu, telefonieren und sinnieren weithin hörbar darüber, dass alles immer teurer wird, um dann Hochpreisiges in die Wägen zu stapeln, nach einem Schema, das dem Betrachter vollständig verborgen bleibt. (Ein Tag, der kalt begann und kalt blieb. Ein Tag, an dem die Farbe der Himmel, die Witterung, der eigene Gemütszuschnitt nicht dazu angetan sind, Wärme zu spenden. Fliegen auf ellipsenförmigen Bahnen um eigene Schwerpunkte. Immer wieder zurückfallend in die alten Spuren. Hängengeblieben.)

(Mittagseskapaden abwärts, zu dünne Schuhe, zu dünne Jacke, aber das Frösteln ist willkommen in der kühlen Luft. Nebenan rollt der Hausmeister Mülltonnen durch die Ausfahrt, der Lärm lässt die Glasscheiben der alten Haustür leise klirren. Noch mehr Resonanzen. Oder vielleicht nur Einbildung. Eine Krähe und eine Taube, in der Tanne, angemessener Abstand dazwischen und es duftet nach grünen Nadeln und Wald und Winter, auch ohne Schnee. Zorniges Piepen von Geräten, Belehrungen über Ausstehendes und Liegengebliebenes und irgendwo nebenan singt eine junge Stimme in einer fremden Sprache Lieder, die sich des Augenblicks vollständig bemächtigen. Dann ziehen die Stunden wieder an. Der Moment verblasst.)

Mittag, halb geöffnete Fenster: Sonne nur noch knapp über den flachen Dächern. Lange Schatten, trotzdem noch ein wenig Wärme auf der Haut und den Sinnen. Gegenüber kehrt die Bürobelegschaft fast geschlossen aus der Pause zurück, eine Flut dunkler Gestalten wogt an der Terrassentür vorbei und verliert sich in den Zimmern hinter Monitoren und Schreibtischen. Später Kuchen, ignorierte Vorsätze, nochmal Kaffee in der Beobachtungen, heute viel mehr davon lauwarm weggeschüttet als tatsächlich getrunken zu haben. Und Warteschleife, nächste Etappe. Geschichten von Langeweile und Atempausen.