Entlang der Straßen wird aus einem kalten Vorabend ein kalter Abend, das Thema des Montags bleibt bestehen. Es fehlen Zitronen, man verläuft sich in zaghaften Kontakten mit Nachbarn, denen man dann doch keine Geduld schenkt und sich hinterher für das Beiläufige, Vorübergehende, Abweisende rügt. Auf dem Balkon der Studenten steht ein roter Weihnachtsmann Wache neben einem eng verschnürten Tannenbaum, die Fenster dahinter umschließen unwirklich gefärbte Neonstimmung. Fast leerer Bus, leere Haltestelle, der Moment atmet Rauch von Zigaretten und Kohlen. Zeit streift weiter, Fluss ist fern. Manchmal spürt man Enge umringt von den hohen Fassaden.
Irgendwann geht auch an diesem Tag die Sonne wieder unter. Gerade noch schafften es einige Strahlen über die Giebel, bevor die Höfe wieder in Düsternis eintauchen. Musik von fernen Balkonen. Immer noch gibt es einige Häuser, die ihre alte, bröckelnde Erscheinung der letzten Jahrzehnte bewahrt haben. Viel Charakter der Nachbarschaft gehörte ihnen, und es werden weniger zwischen neuem Stahl und Glas. Nicht, dass dies an einem Sonntagabend anders wäre. Aber es ist wahrnehmbarer im Licht dieser Stunden.
Schließlich dürfen die Lichter wieder ruhen. Trüber Nachthimmel, die Straße liegt still, an die dunklen Wohnungen auf Augenhöhe ist man fast gewöhnt. Irgendwo im Haus hört man verhaltene Geräusche, und im Hof gehen die Katzen des Viertels um. In der Kneipe flackert noch blaugrünes Licht. Der Samstag ist entschlossen, tonlos und unaufgeregt zu verhallen, aber trotzdem findet sich Rückzug für jene, die dem Heute noch ein paar freundliche Bilder abringen wollen oder denen der Weg nach Hause derzeit noch suspekt ist. So wird es spät, und jeder schreibt seine Geschichten in sich verloren weiter.
Schließlich: Zurück. Dunkle Räume und einige bunte Bilder, in denen sich der Mittwoch verliert. Mit geschlossenen Augen kurz in die Nachbarschaft lauschen, dem Klappern und Rasseln und Klopfen zuhören, das aus den Häusern klingt, von der Straße her tönt, in den Höfen widerhallt: Schritte, Fahrräder, Mopeds, tönernes Geschirr, ein schwererer Transporter, und Fetzen verschiedener Musik, samt einer groben Ahnung, aus welcher Richtung der Wind diese heranträgt. Der letzte Morgen scheint Meilen zurück zu liegen, aber die Notizen sind trotzdem noch nicht trocken, die Erinnerungen noch nicht sortiert, das Übrig-Gebliebene noch nicht auf das Morgen und Übermorgen verteilt. Es wird wohl so bleiben, heute. Bis wieder Sonne über den Horizont zieht, Geist wieder klarer und Augen wieder größer sind.
Dann ist es fast wieder Abend geworden, wieder etwas früher als die Tage vorher. Noch vibriert die Luft von laufenden Ventilatoren, langsam erst kühlt die Infrastruktur aus, werden die Räume ums Heimbüro wieder mehr Heim und weniger Büro. Nebenan krachen Türen, so dass die Wände erzittern - entweder diskutiert das junge Pärchen seinen Alltag, oder ein wilder Herbstwind geht um unter jenem Teil des Daches. Ein Bus rollt über die nasse Kreuzung, zieht Spuren welligen Lichtes hinter sich her, sammelt einige späte Pendler mit schweren Taschen an der Haltestelle auf und verschwindet blinkend dort, wo Straße, Laternen und Häuser mit Dunst und Dunkelheit verschmelzen. Sichtbereich, Wahrnehmung beschränkt auf die unmittelbare Umgebung, ihre Fenster, ihre Terrassen und Balkone, und darunter die graugrüne Bäume der Höfe. Enger als sonst, aber völlig ausreichend für jetzt.