Immer wieder: Spürbarer Anstieg. Kurz nach dem Fünf-Uhr-Tal. Die Nacht aufteilen, einzelne Segmente behalten, andere vergessen. Komfortable Betriebstemperatur suchen für den gegenwärtigen Zustand farblosen Dazwischens. Nebenan erwacht der Kühlschrank, unten das Radio, und die Musik bleibt glücklicherweise nur eine Ahnung, die ohne Halt verfliegt. Noch keine Dämmerung. Noch keine furchtlosen Gedanken. Habt es mild heute. 

Montagmorgen, Himmel fast in glattschwarz, oder zumindest mag das innere Auge dieses Bild. Über dem Horizont blinkt ein einzelner Stern, in unregelmäßigem Takt, aber das Signal bleibt ohne entschlüsselbare Bedeutung. Aufwachen, und einiges an Mühe investieren, dem Zustand der Wachheit Willen und Ziel zuzuschreiben, um diese Zeit. Zurechtlegen, was der Tag braucht; Dinge einpacken, Dinge bewusst vergessen. Erster Bus in der Straße, erster Kaffee noch zwischen eigenen Wänden. Aufbruch in den Plan, immer genug Strecke voraus. Habt es mild heute!

Dienstagmorgen, anderer Rhythmus. Heimbüro, alle Technik einschließlich der Heizung muss noch ihren Arbeitszustand erreichen. Erster Kaffee, in dem sich Bildschirmlicht und verzerrte Symbole spiegeln. Aus Gewohnheit früh immer einen Schritt zurücktreten, auf die verschiedenen Enden blicken und ganz vorsichtig herauszufinden versuchen, wie stabil die eigene emotionale Verfassung entlang von Terminketten und Aufgabenlisten um diese Stunde bleibt. Heute sind die Effekte beherrschbar und vermutlich ist das ein gutes Zeichen. (Auch: Die leere schlafende Nachbarschaft da draußen spüren. Mit sich selbst wetten, in welcher Reihenfolge heute Wecker und Türen die Nacht brechen. Und langsam wieder Fahrt aufnehmen. Habt es mild heute!)

Frühe Erkenntnisse, auch: Abendrituale gegen Unordnung helfen, aber die Wahrnehmung zu verschiedenen Tageszeiten ist eine andere, die morgendliche Stunde viel leichter aus ihrer fragilen inneren Ruhe zu bringen. Wasserkocher, Kaffeepott, beschlagene Fenster. Die Nachbarschaft ist still, wird es heute vermutlich auch bleiben. Jenseits der Häuser treibt noch der neblige Schein von Kreuzung und Parkplatz, kaltweiß und rostrot. Ein Bus fährt durch die Haltestelle, niemand will hier weg, niemand will hierher. (Lose Enden sortieren. Schreibtisch freiräumen. Mit sich selbst verhandeln, wo heute die Grenze verläuft zwischen Möglichem und Notwendigem. Ein immer wieder zähes Unterfangen. Habt es mild heute!)

Freitagmorgen, noch nicht ganz in Augenblick, Welt, Selbst zurück. Heizung aufdrehen, um sie kurz danach wieder abzuschalten und das Fenster zu öffnen. Finden der richtigen Temperatur, genau so schwierig wie Finden der richtigen Menge an Licht neben dem viel zu grellen Bildschirm. Unten ist das Baby schon wach, lacht und gluckst und von den Eltern hört man nur unverständliche Worte in beschwichtigendem Ton. Der Erfolg hält sich in Grenzen. Aufgaben vor allem anderen, heute: Blick zurück über die Woche. Verstehen, was getan wurde, was fehlt, wohin die Zeit verschwand. Bekannt und trotzdem immer wieder unerwartet schwierig, aufwendig bei hinreichend fragmentierten Tagen. Dinge, die man eben so tut vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute!