Ein kurzer Film ohne Pausen und Schnitte: Bett, Schlaf, Nacht über den Dächern, Küche. Geöffnete Fenster, frühe Kälte, ein langes Schweigen über allem. Erster Kaffee, davor möglichst nicht denken, nicht hören, nicht sehen, nur atmen. Etagen weiter unten fallen Schlüssel auf die steinernen Treppen, ein leises Schimpfen folgt, beides verhallt schnell zwischen Wänden und Türen. Dann: Maschinen in Gang bringen. Kennwörter und sonstige Formeln flüstern. Beobachten, wie die Strukturen sich verändern, sich in ihren gewohnten Dienst fügen. Erste Schritte gehen, wie auf einem dünnen Seil, durch Nebel, der nur langsam weicht. Habt es mild heute!
Ein Morgen ein unruhiger Geist und langes Zwielicht. Höfe erwachen in den Stimmen von Vögeln und Kindern, irgendwo spielt ein Wecker Xylophon, ausdauernd und unbeachtet; die Stadt jenseits der Häuserwand ist stiller als gewohnt. Dieser Tag fordert nichts, die innere Taktung schon, und so entwindet man sich irgendwann Decken und Kissen, gähnt in die reglose Leere, zwinkert nochmal der Dunkelheit zu, wie sie sich in Ecken und Fugen zurückzieht. Kaffee, Brötchen und der Luxus einer Abweichung von Regelmäßigkeit, also. Dazu eine Kerze. Für die Wärme. Habt es mild heute!
Nur unwesentlich weiter auf dem Lauf des Jahres steht man im Hinterhof, atmet morgendliche Feuchtigkeit und blinzelt in den rostigdunklen Himmel, aus dem in loser Folge kleine Tropfen fallen. Gespenster spuken durch die Äste der Tanne, nebenan öffnet und schließt die große Pforte, lässt kurz und etwas stärker den Klang der dahinter erwachenden Stadt zwischen die dunklen Mauern dringen. (Treppenhaus, ohne Licht, wie verschämt, ungesehen zu bleiben. Das Radio findet keine passenden Töne, stört heute trotzdem weniger als sonst. Erster Kaffee, noch vor dem Aufbruch. Schrift auf dem Bildschirm größer stellen. Über die Grenzen des Selbst sinnieren. Seufzen. Den Tag umarmen, ganz vorsichtig. Habt es mild heute!)
Und dann neuer Morgen, mit: Servermeldungen, Rückmeldungen, Krankmeldungen. Zu viel Bewegung im Posteingang, zu viel Nebel noch vor der Wahrnehmung, um ein sinnvolles Gesamtbild zu sehen. Stoßlüften durch das Heimbüro, ein wenig Staub von Tasten und Bildschirm wischen, kurz über Kisten und Regale blicken mit einem anderen Ansinnen im Hinterkopf, aber das muss noch warten. Maschinerie startet, unten schlagen Autotüren und die Geräusche frühen Verkehrs lassen ebenso eine feuchte Welt erahnen wie der Duft, der vom Fluss her in die Häuserfluchten kriecht. Erster Kaffee, Sinnieren über Füllwörter und Füll-Aufgaben und den Kleinkram, der die Lücken zwischen den großen Themen schließt. Erste Schritte, immer neu. Habt es mild heute!
Irgendwann, dann: Zu hell. Zu spät. Zu früh. Oder etwas dazwischen. Der wenige Schlaf flieht mit der Dämmerung aus der Stadt. Schlag einer Turmuhr, metallisch, nah. Jetzt: Einige Geister verscheuchen, Gesicht unter kaltes Wasser halten, bis die Haut prickelt. Dem neuen Tag die Fenster weit öffnen. Zeitgefühl ordnen und Kaffee kochen. Dazu Brötchen und Obst. Frühstück als Notwendigkeit, Ritual, Luxus. Habt es mild heute!
Close to 8am. Still waking with the city. Birds in soft skies. A cold haze lifted by early sun. Some clarity, some silence, and always keeping a bit of night close and in thoughts.
Ungewohnte Stunde an ungewohntem Morgen. Quelle des plötzlichen Lärmes finden wollen, bis sich ausreichend viel Bewusstsein eingestellt hat, um zu verstehen, warum der Wecker schreit. Kleidung suchen, im Halbdunkel. Immer noch das nervöse Treiben der Straße im Ohr, das gefühlt heute gar nicht zur Ruhe kam. Stolpern, über Schuhe, Füße, Katze. Ein hartes Wort verschlucken. Wasser kochen. Stoppel waschen und Anfänge finden, immer neu. Habt es mild heute!
Glockenschläge verschiedener Kirchen verhallen. Ein Herr mit Hund läuft durch die Gasse von der Brücke zum Platz, aus seinem Telefon plappert eine Radiostimme. Touristen rollen Koffer heimwärts, nebenan werden mit viel Lärm die Jalousien der Läden im Erdgeschoss geöffnet. In einer Mauernische sitzt eine Taube und beobachtet stumm die frühe Hektik. Alles erwacht.