Kurzer Schlaf, unterbrochen durch vertraute Unwägbarkeiten. Bislang keine Anzeichen von Sonnenaufgang über den östlichen Dächern, noch nicht einmal erkennbar Umrisse von Dächern selbst im tiefen Schwarz, das knapp hinter der Küche beginnt, tief, reglos, abweisend. Die ersten Handgriffe absolviert, ohne sich recht daran zu erinnern. Erster Kaffee. Und das andere Rauschen frühen Denkens, das nach der Ruhe versucht, alle wichtigen Fragen dieser Zeit auf einmal zu verstehen. Mit überschaubarem Fortschritt, wie immer. Habt es mild heute. 

Und wieder Montagmorgen nach Montagnacht. Erste Versuche, die Dunkelheit wieder aus den Räumen zu geleiten, vorsichtig, sich nicht nochmals tief in ihr zu verfangen. Zwischen hier und der Kreuzung schließen Autotüren, starten Motoren, leeren sich Stellplätze. Bus wartet an der Haltestelle, ein Radiosprecher erörtert die Bedeutung alter Musik, der Wasserkessel schaltet mit dem üblichen Signalton ab, der an manchen Tagen durchdringend und nervig ist. Kaffee, Brot, Duft des Vortags hängt noch unter der Küchendecke. Und ein paar haltlose Erinnerungen dazwischen. Habt es mild heute!

Einschlafen mit dem Wind, erwachen mit dem Wind. Vorübergehend irritiert, wie viel Aufmerksamkeit die Sinne punktuellen Wetterphänomenen zugestehen. Ungeachtet solcher Betrachtung findet das Morgenleben wieder in Straße und Viertel zurück. Zwei Krähen an der Kreuzung untersuchen die Reste in einem Pizzakarton, bis sie von einem ebenso neugierigen wie lauten Hund vertrieben werden und entrüstet krähend auf den nächsten Laternenmast fliehen. Ein Kind mit Laufrad, ein Vater mit Zigarette und einem Dutzend bunter Schlüsselbänder von der Hosentasche an abwärts. Ein Busfahrer in Regenjacke. Und ein älteres Paar, dunkel gekleidet, unterwegs in Schritten, die sichtbar anstrengen. Genügend Wege für alle, und die Grenzen zwischen Miteinander und Nebeneinander sind auch am Sonntagmorgen sehr fließend. Habt es mild heute. 

Und wieder Dorfmorgen. Andere Kälte anderer Mauern, dazu eisiges Wasser, das feine Nadeln in die Haut sticht, und jene andere Stille hinter den Fenstern, die vertraut geblieben und doch im räumlichen Abstand fremder geworden ist. Den Schlaf abschütteln, mit aller dazu notwendigen Kraft. Für ein paar Augenblicke warten, ob sich doch Vögel zeigen wollen, da draußen in den Büschen. Noch nicht gewillt, anderen Aspekten der Realität über Gebühr Aufmerksamkeit zu schenken. Sinnieren über Taktungen im Kleinen und im Großen. Merklich nach den Kirchglocken, merklich vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute!

(Wahrgenommene Stunden, tatsächliche Augenblicke später und den Tag immer noch nicht richtig zu fassen bekommen. Krähen über reglosen Bäumen, der Student in der Eckwohnung raucht seine Morgenzigarette auf dem Balkon. Störungen in der eigenen Atmosphäre, andauernde Startvorgänge.)