Gelernt: Wenn man dem Morgen in Halbstundenetappen entgegenschläft, verschwimmen Welt und Traum immer wieder und führen zu Einsichten, die verstört erwachen lassen und schwer zu entwirren sind. In den Höfen macht sich jemand an den Mülltonnen zu schaffen, eine einzelne Krähe ruft immer wieder, blechern und mechanisch. Der inneren Uhr ist es eh schon viel zu spät, also kann man auch einfach bettflüchten, den Badspiegel angähnen, sich über die Kleinigkeiten der unmittelbaren Gegenwart freuen. Zum Beispiel die warme Heizung. Dann bleibt Kaffee zu kochen, Brot zu schneiden, der Rest findet sich sicher auch heute. Kommt gut in den Tag!

Donnerstagmorgen und das drückende Gefühl einer kurzen, tiefen Nacht liegt noch auf der Seele. Luftbewegungen im Heimbüro, ein wenig Staub wird aus dem Regal geschubst und schwebt weich durch den Kegel der Lampe zu Boden. Die Maschinen starten, jeden Tag etwas eigen, jeden Tag etwas anders, und doch im Ergebnis gleich. Zum Glück. Verbindungsaufbau, technisch und mental, dorthin, wo sich der heutige Plan maßgeblich vergnügen wird. Und nochmal den Blick über das Viertel schweifen lassen. Erste Wartende an der Haltestelle wahrnehmen, gebückt und eingewickelt in den Schatten der Häuser und Werbetafeln. Eine Idee davon bekommen, in welchen Wohnungen die Beleuchtung früh automatisch erwacht, und für einen Moment komisch und schwer erklärbar berührt sein von der Vorstellung dieser simulierten Wachheit und dass dort trotzdem bis auf das Licht alles und jeder noch schläft. (Vor dem ersten Kaffee gibt es wirklich wenig, was Anspruch auf Sinn und Klarheit erhebt. Schon gar nicht um diese Stunde. Habt es mild heute!)

Der Flickenteppich aus Schlaf hielt länger als gedacht. Irgendwann krächzen dann wieder die Stadtkrähen über den Dächern, hinter der Wand spielt Adventsmusik, unten klappert Geschirr. Es ist so eine Stunde, in der man in das dauergraue Licht blinzelt, gähnt und ankämpfen muss gegen die seltsame Vorstellung, den halben Tag schon verpasst zu haben, ohne zu hinterfragen, warum das schlecht wäre. (Vorsichtiges Aufrichten. Fenster weit öffnen. Kaffee kochen, weil sich wichtige Dinge ja nicht von selbst erledigen. Habt es mild heute!)

(Dann wieder Morgen, die Gedanken sind immer noch verknotet, die Heizkörper immer noch kalt. Start in den Tag im Zwiebelmodus, Kaffee noch mehr als sonst früher Antrieb und erste Wärme, dazu vorsichtiges Grübeln, ob der kleine elektrische Lüfter schnell genug den Raum erwärmt oder eher Schwindelgefühle erzeugen wird durch die merkwürdigen Düfte, die er verströmt. In solchen kurzen Momenten spürt man die Privilegiertheit städtischer Infrastruktur, die beschränkte Handlungsfähigkeit in Ausfällen sehr. Also: Irgendwie in Bewegung bleiben, soweit das der Lauf der heutigen Dinge hergibt. Im Winterfach des Schrankes graben. Und wieder daran denken, dem Hausmeister bei Gelegenheit einen Weihnachtsmann in die Tasche zu stecken - unschlüssig, ob als Dank oder als Bestechung. Habt es warm heute!)

Nacht kam, Nacht ging, brachte Morgen, etwas neuen Schnee auf den Fenstern und kurze wortlose Leere. Die letzten Traumbilder waren intensiv genug, augenscheinlich, um nachzuklingen, auch wenn man sich nicht mehr genau an ihre Farben und Linien erinnert. Unten rauscht das Wasser in der Badewanne, im Kinderzimmer tönt schon leise Musik. Also: Langsam wieder los. Sich dem Sonntag, dem Spiegel, der erwachenden Nachbarschaft stellen. Kaffee kochen. Eine Linie finden, der sich folgen lässt heute im wieder weißgrauen Licht. Habt es mild!