(Wieder zu spät. In der Wohnung gegenüber ist der Bildschirm soeben erloschen. Unten klappern Schlüssel an der Haustür, die kurz darauf in ihren Angeln quietscht und schließlich dröhnend, hallend ins Schloss fällt. Hier, ferner: Nebenwirkungen des Digitalen. Das merkwürdige Gefühl, diesselbe Notiz in verschiedenen Fenstern geöffnet zu haben, in jedem ein anderer Stand, eine vergessene alte Version, die ihre Zeit überdauert hat. Zudem gilt es herauszufinden woher die Musik kommt, die Quelle für jetzt stummschalten. Und nachdenken, ob man sich erneut viel zu weit in die Nacht vorgewagt hat, noch schlaflos, müde und ohne genügend verbliebenes Licht?)

Sehr spät, viele Stunden und verschobene Pläne weiter, zurück zwischen den Hügeln. Verschiedene Nächte: Die eigene. Und die der anderen, die sich fast beliebig finster, bedrohlich darstellt, sobald man den Blick und Schein der eigenen kleinen Lampe tiefer hinein trägt. Vieles lässt einen zurück sprachlos, ratlos, hilflos. Und viele Gedanken versinken an einem Küchentisch, inmitten angebrochener Flaschen und verstehenden Schweigens. (Traum als vorübergehende Strategie. Merklich nach Mitternacht.)

Etwas Grau rinnt auch immer durch die kleinen Städte und ihre Gassen. Dort, wo man Häuser und Plätze wiedererkennt, aber die Menschen nicht. Dort, wo alles in einer irritierenden Weise Verlorenheit ausstrahlt, wo man vieles hinterfragt - immer wieder die eigenen Privilegien, und auch, bei wie vielen Tätowierern die künstlerischen Ambitionen Opfer der Umstände und Kunden wurden. (Zurück zum Dorf, auf Schleichwegen. Sackgassen und gesperrte Landstraßen überall, und viel mehr Symbolik gelingt kaum...)

Almost 10pm. One of the bulbs in the living room broke, and what's left of the light induces an odd, not totally comfortable mood in this ongoing night. Also, this evening's about attempts to firework, somewhere in the city, for just a few short moments. And about how extremely fast one is dropped back into normal flow even after a day quite far from the usual rhythm and structure. Weird attractors. A beat exercised so well it could be reproduced even while asleep. We are who we are. With all strings attached.

Hinter den Stunden kämpft der Supermarkt des geringsten Misstrauens mit relativen Zeitangaben: Die neuen Kollegen des Vorjahres sind jetzt die alten Neuen. Die neuen Neuen wuseln zwischen den Regalen, stolpern über Warenträger und leere Kartons und suchen die richtigen Fächer, die richtigen Schilder, ihr Selbstvertrauen und den Feierabend. Über die Lebkuchen und Spekulatius hinaus steht jetzt auch der Winterhopfen in den Kästen; auf kaltblauen Etiketten tragen Arbeiter in roten Kutten Fässer durch eine verschneite Nacht. Ein mittelalter Herr im abgegriffenen Büro-Anzug lernt den Mindestbetrag für Kartenzahlung, packt dafür kurz entschlossen eine Flasche Korn aufs Band, die verstörten Blicke von Frau und Kind scheinbar übersehend. Dann schließen die Türen, Lichter erlöschen. Kalter Erntemond strahlt über den Flachbau. Der Tag verweht.

Weiter vorn in die Woche, eine ähnliche Stunde, wieder hier. Feierabendbier am offenen Fenster, gegenüber blinzeln bunte Lichter aus einer Disko-Kugel, die seit Kurzem mitten im Wohnzimmer hängt und zu Unzeiten angestrahlt wird. Aus Straße und Fassaden flieht letzte Wärme der heutigen Sonne in die heraufziehende Nacht, in der Luft hängt ein unbestimmtes Gefühl von Regen, mildem Herbst und langen Fahrten über brachliegende Felder am Rande der Dämmerung, wenn die eigenen Scheinwerfer Spuren in die hohen Gräser der Raine malen und die Augen gerade noch die Silhouette der Stadt am Horizont erkennen können. Unter manchen Wochen des Kalenders sind im Flug der Jahre mehr Bilder verborgen worden als unter anderen, und manchmal, in manchen Augenblicken, treten diese deutlicher zutage. (Und manchmal bleiben Lücken im stetigen täglichen Wogen aller Dinge, sich daran festzuhalten und sich ein wenig darin zu treiben zu lassen.)