Viel später. Irgendwo dröhnt noch ein Motor am dunklen See. Jugendliche der Herberge feiern die Nacht und das Leben, Kinder jagen sich lachend durch und um das Haus. Etwas Licht in allem, etwas Stille zwischen den Tönen. Wenn man lang unter dem hohen Schwarz steht, zeigen sich hier ferne Konstellationen, die der Stadt ewig verborgen bleiben. Immer noch Geisterschatten und Schritte auf körnigen Pfaden, aber man hat sich an den Landstrich und seinen erhabenen, rauhen Zauber gewöhnt. Und so trinkt man auf Alles, lauscht auf die kleinen Töne, atmet kalte Nacht und hält fest, was heute noch sein kann, so lang die Kerzen reichen. 

Zurück im Abend: Noch einmal Bildschirmlicht, noch einmal die Hände über den Tasten. Muster finden in dem, was die Maschinen seit Mittag zurückgelassen haben. Ordnung schaffen, das Wesentliche im Unwesentlichen finden, Abläufe nachvollziehen, während vor den Fenstern die Stadt sich hinter der Dämmerung verliert. Unten quietschen Fahrradbremsen, dann klappert Blech, rollen harte Dinge über harte Steine. Eine rauchig-müde Stimme schimpft kurz, aber durchdringend, Schritte eilen umher, wenig später ist der Spuk einer überraschten Leere gewichen. Hier: Musik im Anspielmodus, durcheinander und erratisch gewählt, die Seele mag bei nichts so richtig hängenbleiben. Vielleicht ist es noch zu früh auf dem Weg ins Morgen. Vielleicht braucht das heutige Dunkel noch seine Zeit. 

Einige Zeit später: Dichte Nacht über allem, erhellte Wohnungen gegenüber, noch ein Anlauf, dem Herbst einen weiteren Sommerabend abzuringen. Junge Menschen sitzen auf den Fensterbrettern, vier Geschosse über der Straße, rauchen, lassen die Beine baumeln. Im Hintergrund poltert Musik, übertönt durch vielstimmiges Kichern und Lachen und seine Echos zwischen den Fassaden. Die eigenen Räume liegen schon in Stille, haben ihre Lichter längst losgelassen, und noch für einige Augenblicke fliegen die Wahrnehmungen schlafloser Welt, schlafloser Stadt durch die kühle Luft, während schon viel Traum in allem zu fühlen ist, die Bilder immer vager, abwegiger, phantastischer werden. (Geschichten imaginärer Reisen unter wieder sternlosem Firmament.)

Irgendwann schließlich verklingt ein weiterer voller Tag. Späte Dusche, das Wasser zu kalt, zu heiß, lässt den Staub der Stunden unberührt zurück, vertreibt nur das Schläfrige, nicht das Müde. Was bleibt, ist ein plötzliches Ringen mit schlechten Angewohnheiten, alten Geistern, kurzen Momenten von Euphorie, den alten dunklen Ängsten vor Nichts und doch Vielem und auch sich selbst. Fensterlose Bäder lassen die Realität konstant trübe bleiben, tags wie nachts. Irgendwo weiter unten läuft Wasser ins Waschbecken, die Musik dazu ist belanglos wie immer, keine Nachrichten, keine Stimmen. Dann schlägt eine Uhr, anderswo hinter den Wänden, das atemlose Zählen blickt vorsichtig hin gen Mitternacht, gen neuem Morgen. (Zeit, den Dingen für heute Ruhe zu offerieren.- darauf hoffend, dass diese Gabe ankommt.)