Die Fenster blieben geöffnet, eine ganze Nacht. Spät fanden die Höfe ihre Stille, spät wurden die letzten Balkone zurückgelassen, die letzten Gespräche beschlossen. Taumelnd durch kurze Tage, sich noch gegen den Herbst in der Seele wehrend, Winter im Gemüt, und immer festhalten an der Hoffnung auf Schnee, all das Grau zu bedecken, all das Unfertige, Aufgeriebene, Zerkratzte und Verletzte, und sei es nur für ein paar Wochen. Zwiesprache mit Krähen und Elstern, und am Ende doch nur Monologe. Erste Schritte, vor dem ersten Kaffee. Das Beruhigende in Routinen des Erwachens. Habt es mild heute.
"The bond is the blood The bond is the pain I'd do it all, I'd leave it all again But why did all the bad things happen to you? Why did all the bad things happen to you?
You are the sun I've been reflecting your light since the day I was born And I know what you're capable of I saw it on the shores of Ithaca I saw it on the shores of Ithaca Under stars that come and go in geometric flow In a blue cove I saw it for what you are
And it was beautiful."
(Starting morning where evening ended.)
Der Sonntag ließ sehr lang nicht los. Monate von Träumen und doch nur gefühlte Minuten später erwacht das Viertel unter milder Luft des neuen Morgens. Am Rand der Höfe dröhnt ein schwerer Motor, Schritte klappern über die Steine, gefolgt vom Rollen eines Koffers. Neben der Haltestelle glimmen erste Zigaretten, leuchten erste kleine Bildschirme. Gelegentlich quietscht irgendwo eine Tür. Anderswo stapeln sich die ersten Aufgaben. Der Kalender färbt sich wieder im gewohnten Blau, und die Nachrichten, die man früh verschickt, dienen dem erklärten Ziel, überbordende Gleichzeitigkeit von Ereignissen zu bremsen. Zumindest einen Versuch ist es wohl wert. (Daneben erster Kaffee. Wiederholtes Gähnen, gelegentliche tiefe Atemzüge. Immer noch weit vor der Dämmerung, aber später als sonst. Die Anlaufphase ist spürbar länger heute. Kommt gut in die Woche!)
Freitag also, immer wieder und immer wieder schneller als erwartet. Erster Kaffee, erste Nachrichten, dem Brotteig seine Ruhe lassend, und wann werden aus Wiederholungen Rituale? Frische Kälte durchflutet Küche und Heimbüro, das Leben auf der Straße erwacht wieder, irgendwo rangieren größere Fahrzeuge, jenseits des Flusses rumpelt ein Zug dorthin, wo auch heute bestimmt die Sonne aufgeht, wenn ihre Zeit gekommen ist. (Daneben die Kalender durchblättern. Den mit den Texten, die durch diese Wochen tragen, und jenen mit den blauen Blöcken, der allem, was nach dem Morgen kommt, seine Form gibt: Absichtserklärungen, Hoffnungen, die Herausforderungen richtiger Reihenfolgen. Und dazwischen leere Momente, vielleicht, in denen nichts muss. Ein Versuch schadet wohl nicht. Habt es mild heute!)
Fortgesetzter Dämmerzustand, Frösteln im eigentlich gar nicht so kühlen Morgen. Fluss unter den Füßen, Schritte entlang der Gleise, weil das Warten auf die Bahn um diese Stunde schwerer fällt als das Laufen von Haltestelle zu Haltestelle, bis man fast überholt wird. Den frühen Verkehr kreuzen, Ampel-Herzschlag der verschiedenen Stadtteile spüren, hell erleuchtete Erdgeschossbüros passieren, in denen die Fleißigen der ersten Stunden alles vorbereiten für jene, die nach erst weit nach ihnen kommen. (Auf dem eigenen Schreibtisch hat der Nikolaus Schokolade und eine Orange vergessen, und es bleibt zu überlegen, ob zumindest Letzteres als Fingerzeig auf die von Kuchen und Kaffee geprägten Tagesrituale verstanden werden darf. Apropos - Kaffee. Da war noch was. Habt es mild heute!)