Schließlich wieder Abend genug. Regen über dem Viertel, das gewohnte, beruhigende Trommeln auf dem Vordach und den Schiefern, auf parkenden Autos und der Straße weit unten. Irgendwo rufen sich eine Frauenstimme und eine Männerstimme Worte zu, der Klang bleibt, die Inhalte verschwimmen mit dem allgemeinen Rauschen. Eine Gruppe von Teenagern wartet in der Haltestelle auf alles und nichts, verweilt noch dort, als der Bus schon lang wieder in der nächsten Kreuzung verschwunden ist. Halb bewusst, daneben: Durch die Kiste Mit Den Dingen graben, ein Notizbuch suchen, alte Konzerttickets finden, Kugelschreiber von irgendwann, schwarzsilbrige Aufkleber, eine fast auseinandergefallene Zigarette, abgegriffene Postkarten mit der eigenen Handschrift, auf halbem Weg unterbrochen, dort verstaut. Alles einmal umfassen, mit den Händen und der Seele. Und wieder sicher verwahren, warum auch immer. Musik spielt weiter, schlägt andere Pfade ein, wird unterbrochen, lässt summende, leere Stille zurück. Diese Minuten brauchen nicht mehr. (Have a pleasant night wherever you are...)
Spät am Abend: Extrarunden. Liegengebliebenes, Unfertiges. Neue Systeme, alte Herausforderungen. Und andersherum. Längst herrscht wieder Stille in der gewohnten Nachbarschaft. Man übt Klarinette hinter den Höfen, irgendwo klappern kurz Teller, bevor eine ruppige Stimme hörbar wird und sich Fenster schließen. Ein Bus fährt aus der Haltestelle, lässt eine Gruppe junger Menschen mit riesigen Rucksäcken zurück, die eine Weile ratlos auf Straße, Kreuzung und ihre blass scheinenden Displays starren und dann stadtwärts außer Sichtweite verschwinden. Klare Weite über den Dächern, einzelne Sterne im endlosen Schwarz. Und es wird spürbar kalt. (Have a calm night wherever you are.)
Schnell wurde Nacht über dem Viertel. Noch nicht wieder richtig in Übung, was das tägliche Jonglieren betrifft; entsprechend fühlt sich der Abend auch nach dem Exkurs in die Natur nervös und unruhig an. Zögernd findet man zu anderen Wahrnehmungen und Worten. Gegenüber bewegt sich ein schwarzer Schatten hinter den Vorhängen, in trüben Räumen. An der Straßenecke blinkt das grüne Licht eines stehengelassenen Rollers. Zeit des Jahres, in denen alle Arten von künstlicher Helligkeit wieder mehr zum Tragen kommen, ihre eigenen merkwürdigen Stimmungen auf die weiche Dunkelheit schreiben dürfen. Flugzeug in großer Höhe, und gelegentlich Sterne, an den Grenzen der Wolken. (Beschließen, was das Heute zurückließ. Ausklingen. Spät genug. Have a quiet night wherever you are.)
Wieder viel später: Fragmente zusammenfügen, Fragmente loslassen. Zufälliges Stolpern durch Vergangenheiten als fortgesetztes Muster des Tages. Nur in verschiedenen Kontexten. Kein Mond, keine Sterne, fortschreitende Nacht, aber der Himmel über der Stadt ist wolkenlos und immer noch hell. Zeilen lichtloser Fenster im Blickfeld und für manchen kurzen Moment wird einem bewusst, dass dort schon lang dunkle Stille wohnt. Irgendwo läuft der Motor eines schweren Fahrzeugs, über die Betonbrache treiben Bässe und Stimmen. Neonschatten auf dem Fußweg vor der Kneipe, ein später Radkurier mit großem Rucksack sucht nach der richtigen Klingel für das Hinterhaus. Lauwarmer Abend. Regen liegt in der Luft, aber eher als fliehende Wahrnehmung. (Have a quiet night wherever you are!)
Schließlich, nochmal am Fenster, mit den Bildern eines kunstlichtgetränkten Viertels in der aufziehenden Kälte des neuen Abends. Eigentlich war es heute nie wärmer, aber in zurückliegenden Stunden blieb die Wahrnehmung gebündelt auf andere Aspekte, jetzt tut Müdigkeit ihren Teil dazu, sich fröstelnd von der Weite der Stadt abzuwenden. Also: Die eigenen Lichter dimmen. Maschinen zur Ruhe kommen lassen. Und immer wieder erstaunt - wohl auch ein wenig verstört - sein, wie viel geräuschloses Schweigen in diesen Augenblicken ist, kurz nachdem sich der Fokus löst und auch die drängensten Themen vorübergehend unscharf werden. Das Sprachlose, als Herausforderung - oder dann und wann als Notwendigkeit, damit die eigenen Systeme wieder in ihre Bahnen finden. (Have a calm night everyone, wherever you are.)
10pm and on. Tired and restless. Or vice versa. Dimly lit rooms across the street. Silhouettes of people following evening rituals. Sounds and scents of a kitchen, unsure whether from a flat nearby or the pub in its late hours. Sometimes it's all in the wind. (Test started. Test observed. Test apparently passed. That's something one can work with, for now. Skipping through playlists. A lot to fuel enthusiasm, but little to stick with for now. Learning to know when to call it a day. Have a quiet night everyone, wherever you are.)
Schließlich findet auch dieses Tageslicht wieder zur Ruhe. Verharren im Lauten, Suche nach dem Leisen, oder umgekehrt. Gegenwärtigkeiten, aus denen sich nur Halbsätze formen, keine klareren Linien mehr, und in denen irgendwie alles ein Sammelsurium aus Ideen bleibt, Skizzen ohne Struktur und Titel. Währenddessen ist die Familie gegenüber aus den Ferien zurück, das Wohnzimmer wie gehabt vom Schein greller, emotionsloser Lampen geflutet. Jenes Zelt wurde irgendwann demontiert, die Kinder malen am Tisch, auf dem Regal neben den Fenstern sitzt eine viel zu große Puppe. Letzte Pendler drehen größer werdende Runden im Versuch, irgendwann anzukommen. Über allem: Anderes Dunkel, diesselben Sterne. (Have a quiet night wherever you are.)
10pm and on. Nighttime city seen through long exposure shots. Blurry lights melting into each other, headlights of cars flowing into arcane mandalas, a very few stars leaving sharp lines in a dark blue firmament. A few long piano drones, slightly disharmonic, on reverb. And a mind letting go of ideas of productivity and results for a late short moment. There's better and worse times for everything inside and outside of days. (Have a relaxing night everyone, wherever you are.)