Mittag am mentalen Wegesrand. Die gewohnte Runde um den Block erwägen, dann aber doch die Türe vor sich schließen und die Tasche wieder abstellen. Monitor und Rechner im Energiesparmodus. Wärme zieht wieder durch die Häuserschlucht, Sonne und Zwielicht ordnen ihre Hoheitsgebiete beständig neu. Postbote mit dem Fahrrad, auf schneller Route über den holprigen Gehsteig. Nebenan zwischen den Fugen der Steine recken sich kleine Eichen ins Viertel. Die Kinder der Nachbarn, die dem Hort fernbleiben, trotten ohne Eile heimwärts, manche als lachende, plappernde Grüppchen, manche abwesend und nach innen gekehrt, manche mit Eis vom Eckladen in den Händen. Reste von Sommer an, auf allem, und ein Hauch von Herbst. Früh im September.
Einige Schritte, schwerfällig, durch die Hitze. Falsch gekleidet, vermutlich, ohne zu wissen, was die bessere Option wäre. Unerwartet belebt sind die Bürgersteige heute, Postboten fahren kreuz und quer, Nachbarn diskutieren über Parkraum und Bustaktung und so viele andere Unzulänglichkeiten. Eine Lautsprecherstimme kratzt Unverständliches in den Haltestellenbereich. Digitale Verbindungen klopfen an, der Schlauch einer Klimaanlage bläst heiße Luft aus einem Erdgeschossfenster, diffuser Lärm irgendwo in schwer abschätzbarer Ferne. Immer zwischen Telefonaten, immer etwas neben der Spur.
Frieren im unsteten Wetter und halb durch den Tag. Die Tropfen werden kleiner, der Vorhang, den sie knüpfen, dichter. Unten kehren die Handwerker aus ihrer Pause zurück, rauchen am Transporter, bevor sie den Faden ihrer Stunden wieder aufnehmen. Gegenüber ruhen die Wohnungen noch so verschlafen und leer wie kurz nach der Dämmerung, nur eine Katze schläft reglos auf einem Fensterbrett. (Ablassen von den Unterbrechungen. Kurz auf jene Farbe starren, die der Bildschirm im leeren Zustand als weiß versteht. In der eigenen Zwischenablage kramen nach dem, was als Letztes dorthin verstaut wurde. Tee kochen. An Sonne denken.)
Eigene Schritte, mit zu dünnen Schuhen, in festgefahrenen Spuren - tatsächlich und frei von Metaphern: Es schneit wieder stärker, der Asphalt vor den Flachbauten verschwand vollständig unter einer knirschenden weißen Decke, auf der sich verschieden große Räder um festen Halt mühen. Im Verzicht auf Wind bleibt der Umgebung etwas unwirklich Ruhiges an einem durchgeplanten frühen Nachmittag mitten in Stadt und Woche. Die gerade erst Erwachten stolpern den schon wieder Müden in den Weg, ein Einkaufswagen schliddert fast gegen parkendes Blech, aber in dieser kurzen Sekunde ist jeder genug mit sich selbst beschäftigt für irgendwelchen Streit. (Blick auf die nächste Etappe. Kapuze hochklappen, Bart und Kinn hinter dem Kragen verstecken. Und weiter.)
(Mittag zwischen allen Dingen, der Tag ist immer noch weißgrau, aber dunkler, nachdem das Eis von Häusern und Wegen floh. Neue Termine erscheinen so, wie die alten verklangen. Kurze Notizen an offenen Enden, schnelles Blättern durch das mentale Buch, die richtige Stelle nicht findend, aber an vielen anderen interessanten Punkten kurz hängenbleiben. Tee kochen, über Parallelisierung, Aufmerksamkeitsspanne und schlechte Analogien nachdenken. Nachbars kehren früh nach Hause zurück heute, ein seltsamer Diskurs wandert von der Treppe über den halben Flur in die Tiefe anderer Räume. Zumindest führt man Gespräche, es gibt wohl Schlimmeres als das.)