(Später: Suppe, Brot, Tee. Nebenan hinter der Wand diskutieren Fernsehstimmen, unten klappert Kinderspielzeug. Die Heizung rauscht, keine Schritte auf der Straße und auch das Trommeln des Regens ist leiser geworden. Wortlose Stunden, keine Gespräche, viel Zufälligkeit und noch wenig Struktur. Montagsgefühl an einem Dienstag, und vermutlich beschreibt dieser Umstand die Situation besser als alles andere.)

Mittag da draußen. Graue Häuser, graue Gardinen, graue Fliegengitter, graue Gesichter unter grauen schütteren Haaren. In einer unsichtbaren Küche hantiert jemand mit Töpfen, der Geruch von heißem Fett tropft zusammen mit der heutigen Farbe des Viertels in milde Luft. Dann Kuchen im Büro. Nochmal neuer Kaffee, Zwiegespräche, Selbstgespräche mit dem inneren Nerd, gelegentlich Abstände und Sicherheitszonen stärker spürend als sonst. Kommende Zeit verteilen, verstrichene Zeit aufschreiben und zuordnen. Und: Einige Schritte zurück stehenbleiben und beobachten, wie den gemächlich treibenden Wolken auch heute viele der Belange hier unten sehr egal sind.

Irgendwo, nirgendwo: Über den Gedanken und über der Stadt liegen weiße formlose Wolken. Gelegentlich tropft Regen auf die Dächer, Paketdienste fahren durch Pfützen und nasses Laub, die Nachbarn hinter der Wand haben hörbar lauten Besuch und wirken dabei, als würden Geschirr und Mobiliar zerschlagen und dazu freudentaumelnd gesungen. In der Tiefe der Kopfhörer und irgendwo zwischen den virtuellen Fenstern schreien Benachrichtigungen und verhallen, bevor ihre Ursache gefunden werden konnte. Kurzes Aufatmen, kurzes Umschalten, Augen zukneifen und dann schauen, wohin sich die Stunden des Nachmittags zu ordnen gedenken. Dinge in Bewegung. Kein Kuchen. Vielleicht findet sich noch Zeit, am Rande der Dämmerung.

Dann: Virtuelle Hörer auflegen, ausatmen, Jacke, Hof. Hinreichend viel jongliert, Bälle für jetzt in die Ecke gepackt, der Kopf braucht Luft. Irgendwo hinter offenen Fenstern wird hart diskutiert, Wind klappert in den Lamellen, ein knurriger Lieferbote trägt große Kisten mit Mittagsmenüs ins Treppenhaus, kämpft fluchend mit sich zu schnell fliehenden Fahrstühlen und Gegenverkehr aus unaufmerksamen Pausenrückkehrern. Auch: Dienstliche Weihnachtspost öffnen von Menschen, mit denen man lang nicht mehr gearbeitet hat, und sich insgeheim darüber freuen, auch wenn der gedankliche Kontext fehlt. Vielleicht sind es solche kleinen Aufmerksamkeiten dann und wann, die nicht schaden. (Wolken schieben sich über flache Dächer. Es wird kühler, ohne kalt zu sein, und immer noch fehlt neuer Schnee.)

(Mittag: Unregelmäßigkeiten, abgebrochene Verbindungen, unsynchronisiertes Multitasking. Zu viele Tabs geschlossen, zu spät bemerkt. Also: Fragmente zusammensuchen, in Gekritzel und Gedächtnis entlang der Unterhaltungen des Morgens. Über der Stadt scheint Herbstfrühling, oder Frühlingsherbst, zu liegen. Die Sonne findet souverän jede passende Lücke in den dichten Jalousien, und für den Moment herrscht Unentschlossenheit vor, was schwerer wiegt - Frust über das geblendete Blinzeln oder die angenehme Wärme im Gesicht. Dazu Pflaumenkuchen und Wasser, weil das Koffein wieder fahrig und nervös werden lässt. Unten werden Terrassentüren geöffnet, der Hausmeister verbringt seine Mittagspause am Hofteich, die Goldfische treiben fast reglos unter glattem Wasser. Dann klingeln die Köpfhörer: Wiederanlauf. Zweite Runde.)