(Immer noch schwitzend auf dem Rad, aber die Momente des Fröstelns in der nächsten Böe werden häufiger. Tomaten, Kartoffeln, Himbeeren, nochmal. Und die Herbstastern beginnen zu blühen. Etwas zu früh, den Rilke aus dem Regal zu ziehen, aber Ahnung und Stimmung schreiten unaufhaltsam weiter mit dem Kreis der Jahre.)

Von der Kunst, versteckte Katzen zu finden. Heute: Das Ansinnen, spät noch einmal die Wohnung verlassen zu wollen. Düstere Ecken, Klauen, Zähne, leidenschaftliches Fauchen. Grenzen ziehen. Unten umhüllt warme Nacht die Kreuzung. Zwiesprache mit Mond in den Straßenbäumen, wortlos und ehrfürchtig angesichts ihres weichen Scheins, ihrer stillen Distanz. Unbeeindruckt davon feiert das Eckhaus Tag und Leben entlang des Bürgersteigs vor der Tür, man stößt miteinander aufeinander an, singt laut zu alten Liedern, schief und falsch, aber irgendwie froh dabei. Der Kneipenwirt sitzt nebenan in seinem schon leeren Gastraum und wischt gedankenverloren über sein Mobilgerät. An der Bar flackert eine Lampe, immer wieder, unstet, aber verlässlich seit so vielen Jahren. (Zurückkehren in den Schutz des Treppenhauses. Sich das Dunkel überstreifen, für heute, und in den Stunden zurücklassen, was es in den Träumen nicht braucht. Have a pleasant night everyone wherever you are.) 

Später, an der Linie zwischen Wohngebieten: Dönergrill und Hitze schlecht belüfteter Lokale. Irgendein Angebotstag ist immer, irgendein Nachbar grüßt immer von irgendwo, man tauscht einige Worte mit dem Gesicht hinter dem Tresen, bestellt treffsicher das Falsche und merkt das erst viel zu spät. Noch ein Abend der Schritte auf warmen Steinen, ein Abend, an dem man die Stadt sehr viel mehr spürt als hört. Blassblauer Samt über den Dächern und Wiesen. Ein kurzer Augenblick ohne Gewicht. 

Später und immer noch in früher Nacht: Auf die weiche Stille lauschen, die inmitten alter Fassaden liegt, fast wie Nebel. Wenn das Licht schwächer wird, scheinen auch die Konturen des dunklen Sandsteins ihre Beschaffenheit zu ändern, an Wirkung zu gewinnen im Wechselspiel von Farbe und Kontrast. Umzugsbewegungen, gegenüber, seit langem wieder. Der junge Mann mit streng wirkender Brille und fast kreisrundem Gesicht, der gestern noch Kisten aus einem Transporter schleppte, steht inmitten halb aufgebauter Möbel, wirkt müde und ratlos. Dann greift er zum Telefon, verschwindet aus dem Blickfeld und überlässt Schränke und Regale sich selbst. Ein junges Paar rennt zur Bushaltestelle, jongliert mit Satzfetzen, unterbrochen und atemlos. Rucksäcke klappern im Rhythmus der Schritte. Mechanisches, kratzendes Lachen von der Kneipe her, heiser, angetrunken. (Die Zeit zwischen den Tagen hat einen Takt gefunden, aber noch keine Melodie.)

Irgendwann unter den Sonnenblumen: Wieder Regenbögen im Fächer des Sprinklers beobachten. Gelegentlich lernen, was passiert, wenn Windböen und feine Wassertropfen aufeinandertreffen. Haut trocknet schneller als Kleidung, auch an brütenden Tagen. Dann werden die Wolken dichter, am Horizont. Und der Schatten lässt heißen Mittag ein bisschen erträglicher sein.