Wieder sehr weit durch den Abend, langsames Anhalten zu gewohnter Stunde an gewohntem Ort. Unten gab es kurz und hart Streit, sind die Erwachsenen heftig zusammengestoßen, haben die Kinder nur schwer Ruhe gefunden danach. Jetzt sind Musik und Stimmen verklungen, und in Haus und Viertel breitet sich Schlaf aus. An der großen Terrasse blinkt und klappert die Lichterkette vor dem eisernen Geländer, aber Fenster, Türen sind geschlossen. Die Kneipe hat geschlossen, einige wenige Dienstagnachtschwärmer lärmen noch auf dem Gehweg, aber die lauten Töne, die großen Worte klingen kraftlos und müde. Jemand kichert, viel zu albern inmitten der ganzen späten Ernsthaftigkeit. Eine Flasche zerbricht. Vorhänge werden geschlossen. Zeit, den bewussten Tag zu schließen, und mit seinen Geschichten sich selbst zu überlassen.

Schließlich, wieder: Dunkelheit vor den Fenstern, Zwielicht im Heimbüro, der Inbegriff von Spätseptemberluft zwischen den kühler werdenden Wänden. Noch hallen offene Themen nach, geistige Affen springen durch lose Enden und verknoten, was nicht zusammengehört. Verbindungen, in denen man sich verheddert, aus denen man sich befreit, die man ablegt und zurücklässt für den Augenblick, um in noch rauheren Geschichten hängenzubleiben. (Nicht immer findet man die richtigen Worte und nicht immer sind sie einfach.) Zur Unzeit scheint eine Straßenkehrmaschine durch das Viertel zu rollen; nebenan verabschieden sich die Gäste, wird das Wohnzimmer dunkler, die Musik leiser. Fahler Schein über allem. Halb Mondnacht, halb Traum. 

Und dann verfliegen die Bilder des Sonntags mit der Abendluft. Über der Stadt haben die dünnen Wolken längst einen tiefen weichen Himmel freigegeben, auf dem alte und neue Sterne Konstellationen, Muster formen, zu denen Augen und Seele noch keine Namen haben. Von hinter den Häusern treibt harter Techno-Bass durch das Viertel, lauter und näher immer dann, wenn es dem Wind beliebt. Gegenüber belädt der Montagspendler den Kombi. Zwei Jugendliche sitzen vor der Bushaltestelle auf dem Bürgersteig und trinken in kühler Nacht. Noch nicht jeder hat seinen Traum für heute gefunden, nicht jeder hält ihn fest.

Heimwärts. Sich langsam von der Woche trennen, ohne wirklich loslassen zu können. Heiß war der Tag, mild bleibt der Abend, über allem steht die Wärme eines verklingenden Sommers, der Duft eines nahenden Herbsts. Im Viertel sammeln sich die jungen Teenager unter den Lampen auf den Betonplätzen vor den Supermärkten, geschart um bunt blinkende Lautsprecher und heimlich kichernd in den Stunden, die eher später Abend als frühe Nacht sind. Der Wagen eines späten Paketboten parkt am Straßenrand, der junge Mann sitzt mit einem Döner in der offenen Tür, wirkt hungrig, müde. Laute Bässe aus der Kneipe, das blaue Licht wirkt kühler als sonst und in der Laufschrift fehlen einige Buchstaben. Alles fühlt sich irgendwie müde an.