Nach dem Tageswechsel: Blinzeln in einer milchigen Flut aus Licht, zwischen Büroküchenfenster und dunklen Fluren. Schon wieder angekommen, zumindest körperlich ohne wirkliche Erinnerungen an den Weg. Auf dem Stehtisch ruht eine aufgeschlagene Zeitschrift, Code-Fragmente, kleine Schrift, die Augen erfassen Strukturen, aber noch ist nichts da, die Bedeutung zu durchdringen. Zu laut heute die Kaffeemaschine, der Morgen fühlt sich so verknittert und zerzaust an wie die vage Reflektion des eigenen Konterfeis auf der geschlossenen Glastüre. (Hürden nehmen: Richtig erwachen. Den Morgen aus dem Gesicht waschen. Sortieren, was sich vor den Stunden türmt. Und dann weiter. So schnell wie möglich, so vorsichtig wie nötig. Habt es mild heute!)

Ein Augenzwinkern weiter: Gähnen und Heimbüro. Es blieb stickig und schwül in diesen engen Wänden, und auch das weit offene Fenster vermag nur wenig daran zu ändern. Erste vorsichtige Spuren von Sonnenlicht und Schornsteinschatten auf Häusern und Straße, letzte oder erste Wolkenfetzen über der Kreuzung, denen die momentane Konzentration nicht entlocken kann, ob sie ankommen oder weiterziehen. Nachbars Vespa knattert einige Meter den Bürgersteig entlang und verschwindet dann stadtwärts. Ein Transporter rangiert auf dem großen Parkplatz, das durchdringende Piepen schrillt immer wieder weithin hörbar über den Asphalt. (Kaffee aufsetzen. Nochmals gähnen. Und sortieren, was aus dem Plan der Woche heute noch Platz findet. Es ist der Versuch, der zählt. Habt es mild heute!)

Wieder entlang des Weges: Unbewusste Fortbewegung, zufällige Routenwahl, und plötzlich rollt man an Fassaden vorbei, deren Veränderung einem lang verborgen blieb. Neben dem Haupteingang sitzt ein älterer Herr in Arbeitskleidung auf einem Klappstuhl, montiert an einem Gasbrenner, der noch auf seinem Schoß ruht und mit dem er in Kürze gegen das Unkraut in den Fugen der Steine angehen wird. Krähen hüpfen über das Dach einer Limousine, Straßenbahnen passieren einander in der Kreuzung, zwei verschiedene Signaltöne, ein gewinkter Gruß. Und dann ununterbrochene Fahrt, bis in den Keller. Fahrstuhl. Büroküche. Schulungsraum. Zweiter Kaffee, und Wasser, für die Stimme. Kurzes Sammeln, so lang die Stunden noch leer sind. Habt es mild heute!

Wieder hinter der Dämmerung, gefühlt noch mitten in der Nacht. Eigene Schatten auf der Küchentür, gemalt durch einen neuen Tag, der sich vorsichtig über die östlichen Giebel wagt. Krähenzwiegespräch. Ein lautes Gähnen hinter irgendeinem Balkon. Tonlos noch die Benachrichtigungen, die die vergangenen Stunden gesammelt haben. Kaffeewasser, Fliege auf weißer Wand, die Augen bleiben an Details kleben, die den Morgen unterschwellig stören und die zu korrigieren doch gerade Motivation und Energie fehlen. Vielleicht dann, wenn der Dienstag schon etwas mehr eingelaufen ist. Habt es mild heute!

So etwas wie Zwischenmontag. Ein weiterer Morgen, an dem das Zeitgefühl früh durch die Zimmer schleicht und sich zurechtzufinden versucht. Im Halbdunkel erwacht mit dem Zanken der Amseln, dem Schlaf danach ferngeblieben in Sinnieren über Diagramme, Wachstumskurven und anderen losen Unrat, den die geistigen Affen zu dieser Stunde zu fassen bekamen. (Dann blendet die Sonne über die östlichen Giebel. Erster Kaffee, gähnend. In den Höfen liegt die Stille des Brückentags, der die eigenen Ordnungsversuche, die eigene Unordnung konsequent spotten. Also: Fenster weit öffnen, reale und virtuelle. Verbindungen wiederherstellen. Netzwerke anhängen. Langsam. Schritt für Schritt. Habt es mild heute!)