Sonntag und einmal erneut das Vage des Morgens: Fiel tatsächlich Regen, während der dunklen Stunden? Wann kehrte Schweigen auf die Terrassen und Balkone zurück? Wann wurden die Zigaretten kürzer und die Band da draußen müde? Viele Fragen, kaum Antworten. Aber es gibt wohl auch Wichtigeres. Insbesondere vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute.
(Traumloser Schlaf, schlafloser Traum, und etliche angerissene Stunden später pfeift der Wasserkessel und verspricht nahen Kaffee. Die Nachbarschaft hüllt sich in Schweigen oder bleibt schlicht abwesend, eine Dame in Ausgehkleidung führt einen kleinen Hund aus, der jede Ecke inspiziert, umspringt und kaum munterer, aufgeregter sein könnte. Ein Lieferwagen, ein Taxi, eine Glocke und langsam nimmt der Geist wieder die eigenen, gewohnten Formen an. Auf kleinen Schritten in den Morgen. Habt es mild heute.)
Wenn man nachts eigenen Bedürfnissen widerspricht, bleiben sie hartnäckig bis in den Morgen bestehen und schaukeln sich langsam hoch. Dann also Wasser, getrunken in großen fordernden Schlucken. Hinter offenen Türen wird die Welt zögernd heller, lauter. Mülltransporter fahren durch ein Labyrinth aus niedrigen Mauern, gelegentlich ertönen Hupen. Warten auf die Kirchglocken, vertraute Passanten und die eigene Bewusstwerdung. Geduldsspiel vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute.
Durch die Nacht strichen kühle Winde, ließen Fenster klappern und Gardinen wehen und die ganze Unruhe der Wetter in Träumen mitschwingen. Langsames Erwachen, wieder früh genug in einem noch schlafenden Haus. Duft von Pinien und Holzfeuer über dem Dorf. Krähen im Vorgarten, Tauben auf dem Balkon. Und eine Realität noch merklich vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute.
(Und dann wieder die vertraute Stunde, die vertraute Stimmung, mentaler Ortswechsel, der Blick in regenlose Wolken, in die unentschlossene Distanz des Morgens. Ein Glas Wasser, erster Kaffee, Arbeitsplatz, Realitätsabgleich. Noch zu verschlafen für ruhige Linienführung, aber zumindest wach genug, den Kalender zu erahnen - und die Erkenntnis, dass für das Überwinden der Lücken einmal mehr keine besonders großen Schritte notwendig sein werden. Habt es mild heute!)