Standortbestimmung, während mit dem Morgen die Gespenster und ihre Wunderlichkeiten fliehen. Halb immer noch in der Nacht, halb bewusst, halb im Heute und halb zwischen den Welten, weil die Dinge dort um diese Stunde noch ungeschliffen, undefiniert sein dürfen. Kaffee, schwarz und stark genug. Brot, knappes Frühstück, Vorausplanung, und trotzdem zu oft in Zurückliegendem hängen bleiben. Die Katze schleicht durch den Flur und gähnt, irgendwo klingelt der nächste Wecker und neue einzelne Wege beginnen. Habt es mild heute!

Auch: Umwege und Unwege, Ausweichstrecken gegen die Eile und die Rücksichtslosigkeit. Irgendwann in den letzten Wochen haben sich kleine braune Osterhasen-Graffiti an der Brücke eingefunden und beobachten Passanten, Kraftverkehr, Züge aus dunklen reglosen Augen. Auf dem großen Parkplatz schleicht eine junge Frau verstohlen mehrfach um ihr Fahrzeug, prüft den Zustand von Fenstern und Türen und man nimmt zur Kenntnis, rollt vorüber, blickt anderswohin und fühlt sich peinlicher berührt, als es einem lieb ist. (Sonnenaufgang. Eisige Finger. Gedankenspiele und immer noch nicht richtig da.)

Weiterhin, schon wieder mitten in der Nacht. Mentale Tageskurve noch nicht an die neue Zeit gewöhnt, und gleichzeitig schwer darauf eingestellt, den dunklen Stunden außerhalb des Schlafes zu begegnen. Dem Wasserkocher lauschen, in seinem Grummeln. Heizung bleibt still und kühl, in den Höfen quietschen eine Haustür und ein Fahrrad. Lichterketten auf den Terrassen und ein Weihnachtsstern, der seit Dezember seine Wärme in die Finsternis entlässt und den man manchmal mehr wahrnimmt, insbesondere früh im Morgen. Gedichte schreiben, für neue und alte Wege, stümperhaft und uneben, aber immerhin passend zur Schwingung des Augenblickes. Habt es mild heute!

Klamme Finger, kalte Wangen, watteweiße Linien über dem westlichen Horizont. Büroerwachen, zweiter Kaffee geht zur Neige, eigene Maschinerien starten, Unregelmäßigkeiten sind immer eingeplant. Kalender-Tetris. Frisches Wasser für die Blumen. Minimale Ordnung auch hier, für Stimmung und Seele.

Traumschwerer Bildlosigkeit folgt tagschwere Wortlosigkeit. Man entflieht dem Bett mit den ersten Radiostimmen, findet seine Route durch noch schlafdunkle Räume ohne große Aufmerksamkeit, versucht sich die Nacht aus dem Gesicht zu waschen, kratzt über die Haut, spürt die eigenen rauhen Hände und die körperlichen Umrisse und das Außerhalb und Innerhalb und wird langsam wieder der, der man wohl gerade sein soll. Und dann bleiben einige Pötte Kaffee und einige Meter neben sich und den Pfaden, um herauszufinden, immer aufs Neue, wer genau das ist. Routinen für erwachende Städte, für erwachende Städter. Und vermutlich nicht nur die. Habt es mild heute.