Neuer Morgen, andere Ruhe. Der Versuch langsamer Bewegungen, um noch für eine Weile in dem Nebel zu bleiben, der vom Fluss her in die Viertel zieht. Aber schließlich reißt die Verbindung doch, wird die Welt klarer, weiter, lauter. Sonne im Rücken, knapp über dem Dunst. Flugreisende unterwegs südwärts, vier Turbinen ziehen scharfe Linien, die erst weit hinter der Maschine ins Nichts zerfasern. Eine Traube von halbwüchsigen Kindern drängt aus der Straßenbahn, über Gleise und Asphalt in den Schulhof, während etwas weiter schwere Limousinen in zweiter Reihe parken. Hausmeister, Erstkontakte an der Kellertreppe. Türen schließen. Einfinden, als körperlicher und geistiger Akt. Und ein stummer Gruß hin zu den Tauben, vor dem zweiten Kaffee. Habt es mild heute!

Früh am Morgen, leere Büros. So lang in den Zimmern noch mehrheitlich Ruhe und Dämmerung herrschen, dürfen die Tauben auf der Reling vor der Terrasse schlafen; die ersten Bewohner der Küchen, die nach Tassen, Kaffee, Form und Einstieg in ihre eigenen Rituale suchen, nehmen keinen Anstoß an den grauen Vögeln. Zu lang warten, bis der Bildschirm erwacht, um zu merken, dass der Laptop noch in der Tasche steckt. Fenster öffnen. Augen reiben. Im Treppenhaus hustet jemand, schmerzhaft und laut. Der Fahrstuhl schließt. Auf irgendeinem Tisch klingelt ein Telefon, und an diesem Punkt des Tages ist der Ton noch durchdringender und aufschreckender als sonst. (Tetris, blaue Blöcke, Abstecken der Wege bis zum Nachmittag. Und dann weiter, nur mäßig zufrieden mit dem Ergebnis. Habt es mild heute!)

(Erster Morgen seit langem, an dem die Räume spürbar ausgekühlt sind. Erster Morgen seit langem, an dem man heizen möchte und spürt, dass die stählernen Rippen sich nicht erwärmen. Also ein zweiter Pullover, Wasserkocher, geschlossene Küchentür. Der Sprecher im Radio irrt durch Belanglosigkeiten wie die zwei Ameisen, die es mit der Gartenernte in die Wohnung geschafft haben und die jetzt über glänzende Fliesen laufen, einem Muster folgend, das wohl ihr Geheimnis bleiben wird. Auch: Erste Störungsmeldungen, unerfreulich, aber nicht unerwartet. Schneller Einstieg, routinierte Griffe, wenig Denken. An den Heimbürofenstern kratzt Regen. In jeder Hinsicht noch fern der Dämmerung. Habt es mild heute!)

(Weiterblättern. Aufgeschreckt, nicht verschlafen, nicht wach, immer wieder erstaunt, wie viel Zeit es mitunter braucht, sich selbst neu an der Realität auszurichten. Bilder und Geister im Halbdunkel zurücklassen, darauf harrend, dass der Morgen sichtbar werden mag. Noch kein Kaffee, Kinderlieder nebenan, eine Ahnung von Nebel über den Höfen. Die eigenartige Atmosphäre früher Sonntage. Habt es mild heute.)

Anderer Dorfmorgen, nur eine Woche und doch etliche Jahreszeiten weiter. Zu früh für die Kirchglocke, zu spät, nochmal richtig Schlaf zu finden. Dämmerungsgrau. Farbwechsel der Blätter. Restwärme in den Mauern, durchdringende Kälte aus dem Steinboden unter den Füßen. Vertraute Wege, schnellere Bewegungen, mehr Eile. Mit dem Öffnen der Tür fliehen die Vögel aus der Futterstelle in alle Richtungen, nur das Wackeln von Ästen lässt ihre vergangene Gegenwart erahnen. Wiesen und Garten ruhen unter treibenden Wolken. Nur zögernd wagt sich die Nacht aus dem Haus. Vermessen kleiner Welten, vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute!

8am and on. A city slowly gaining speed today, it seems. Alternating types of rain. Collecting animals from patterns in clouds. Here be dragons. (Just what happens while cleaning up backlogs and issues before first calls.)

(Andere Morgenrituale: Dusche, erst zu heiß, dann zu kalt. Gespenster verjagen. Abgeschiedenheit des fensterlosen Bades. Stille im Haus, aber eine Ahnung anderer wacher Etagen, weil der Wasserdruck immer wieder beträchtlich schwankt. Den Kalender durchgehen, mit innerem Auge, die Blöcke einordnen und die Grenzen, die spärliche Leere dazwischen. Wünsche und Erwartungen nebeneinanderlegen, das Mögliche erfühlen. Dann Küchenkaffee. Knappes Frühstück. In die Spätnachtruhe der Höfe lauschen. Unsicher, ob die östlichen Dächer schon Dämmerung hinter sich wissen, ob der Freitag überhaupt schon begann. Habt es mild heute!)

Träumen im Rauschen, Aufwachen zu leisem Tropfen. Noch geistiger Leerlauf: Durch den Kopf irrlichtern lang verschollen geglaubte Begriffe, mit denen die Mundart der Heimat verschieden starke Niederschläge bezeichnet, für die man derzeit keinen richtigen Bedarf hat und die sich trotzdem wieder und wieder im Bewusstsein nach vorn drängen. Der erste Versuch, Reste von Schlaf aus Augen und Falten zu waschen, gelingt nur mäßig. Küche, Tasse, Krümel, Geschirr; morgens reibt man sich gern an jenen Dingen, die man geflissentlich ignoriert hat vor der Nacht. Mehr Busse als sonst in der Kreuzung, aber noch nicht mehr Menschen. Vereinzelt schleichen Zigaretten und Mobiltelefone über jenes Stück Weg außerhalb der rötlichen Laternenkegel. Nachbars Wecker schlägt an, ein einzelner Vogel ruft beharrlich die Dämmerung herbei. Erster Kaffee, Katze auf dem Sofa, kurzes Verharren in Zeitlosigkeit, so lang der Morgen das hergibt. Habt es mild heute!