Dünne Nacht, dünner Morgen, faserige Träume und schemenhafte Bilder zwischen dem Geist und dem Spiegel. Einige Räume weiter sinniert noch die Radiostimme über die Wichtigkeiten der Zeit, über dem Viertel liegt Stille, nur gelegentlich startet irgendwo ein Motor, schlägt eine Haustür ins Schloß. Duft von nasser Erde, nassem Laub treibt durch den Flur, eine Ahnung von Nebel am Rande der Dämmerung. Die Eigenheiten dieser Augenblicke, immer vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute.

(Samstagmorgen und erwacht weit vor der notwendigen Zeit, jede Menge Schlaf noch auf den Lidern, jede Menge unfertiger Träume an der Seele kleben spüren. In die Ferne, Nähe der Höfe lauschen, das frühe Leben wahrnehmen hinter dem eigenen und anderen Fenstern. Worte suchen, finden. Wie Schritte über dünnes Eis, den Blick nur so weit gesenkt, wie es möglich ist, ohne in ein gespiegeltes Selbst blicken zu müssen, für das man noch nicht wieder bereit ist. Noch kein Kaffee. Linkisches Vorspiel für den eigentlichen Tag. Habt es mild heute.)

(Später, Auge in Auge mit dem Grau des neuen Morgens. Unter den Füßen kalte Hinterhofsteine. Rauschen in Tannenzweigen, Melodiefindung der Großstadtvögel; Balkontüren, Nachrichtenstimme. Das Übliche - Grenzüberschreitungen, Geld, ebenso atem- wie zielloses Rennen durch Belanglosigkeiten, und irgendwie lässt sich noch immer jede gesellschaftliche Nuance verwenden für Abgrenzung und das Ziehen von unüberschreitbaren, unüberdenkbaren Linien. Schlaflosigkeit gebiert neue Schlaflosigkeit. Echo eines lauten Gähnens, dass man sehr spät erst sich selbst zuordnet, und andere unbewusste Handlungen kurz vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute.)

Bildnis des Protagonisten als Nachtranderscheinung. Etwas faltig, etwas verknittert und grau wie das morgendliche Zwielicht. Noch mit Träumen auf den Lidern und dem Lärm schlafloser Höfe in den Ohren. Neugierige Katze, Stimmungswechsel, schnell wiederhergestellter Sicherheitsabstand. Und heißer Kaffee, schärfere Wahrnehmung nach der ersten halben Tasse. Keine Euphorie, aber zumindest eine Art Gelassenheit. Nicht so schlecht für den Anfang. Habt es mild heute. 

(Zu langsam, zu schnell, immer zu viele Taschen, in denen Kleinkram verschwindet. Berauscht von den frühen Bildern und dann doch zu hektisch, die Momente neben dem geraden Kurs von Viertel zu Viertel bewusst genug wahrzunehmen. Eigener Schatten, manchmal vertrauter, manchmal fremder. Und Bürokaffee neben Kuchen vom Vortag. Immer noch Verweilen im eigenen Startvorgang.)