Schon wieder Wochenende. Die innere Uhr macht es dieser Tage schwer, jenseits der Dunkelheit aufzuwachen. Erneut atmet der Hof Herbst, durch die dämmrige Küche treibt der Duft von nassen Blättern, Kohlenrauch und den Orangen, die auf dem Fensterbrett reifen. Wasser rauscht im Kocher, noch sind die Sinne nicht weit genug, dem morgendlichen Radio mehr als Geplapper zu entnehmen. Unten quietscht die Küchentür, Kinderstimmen flüstern. Man erwacht, man faltet die Träume sorgsam und legt sie in die Schublade, bevor man mit dem Samstag den Reigen der Stunden tanzt. Habt es mild heute.
Und dann wieder unterwegs, Gummi auf feuchtem Asphalt, in Kurven um Löcher und ebenso feuchtes Laub. Stadtauswärts, ersten Sonnenaufgang im Rücken, hoch über dem Kopf Reste von Mond zwischen Wolkenfetzen und jenen Schwärmen von Vögeln, die bevorzugt im Zwielicht hier ihre Kreise ziehen. Ein gelber Trabant knattert über die Kreuzung, schleppt auf abgewetzten Aufklebern geduldig Meinungen in den Tag, die genau so alt und verlebt wirken wie er selbst. Neben der Straße blickt ein offenes Kinderzimmerfenster in den Morgen, hinter dünnen Vorhängen dreht ein künstlicher Sternhimmel, und irgendwie begleitet das Bild ein paar Augenblicke lang, bevor das Rauschen der Brunnen, der Fahrstuhlmotor ins Bewusstsein dringen. Gähnen und Strecken am Schreibtisch. Glocken des anderen Viertels fern im Ohr. Zweiter Kaffee. Gedanken leeren, Gedanken wieder füllen, damit alles in die richtigen Bahnen findet. Habt es mild heute!
Auf der anderen Seite der Nacht: Ein Heißluftballon rauscht über die Dächer, durch die Höfe klingen schon die Stimmen munterer Kinder zusammen mit denen der frühen Vögel in noch größtenteils grünen Bäumen. Ahnungen von Nebel liegen über dem Morgen, weiße Sonne gießt weißes Licht auf die völlig verschlafene Straße. Ein Nachbar in kurzen Hosen und Sandalen raucht die erste Zigarette auf dem Weg zum Bäcker, der Anblick passt so gar nicht zum eigenen Temperaturempfinden dieser frühen Stunde. Trotzdem langsam los: Wasser ins noch graue Gesicht spritzen. Brötchen. Kaffee. Und dann dem Morgen ein wenig Richtung geben, damit der Sonntag nicht vollends versumpft. Habt es mild heute!
Schließlich Freitag: Ruf von Krähen vor dem Fenster des Heimbüro. In der Straße rattern zwei Rollkoffer, Menschen unterhalten sich angeregt, Nachbars extrem lauter Wecker dringt durch die Wand. Bunter Unrat der Nacht, angesammelt in zahllosen Postfächern, und die Stimmung schwankt mit dem Versuch, sich bereits jetzt dort durchzugraben oder lieber auf Umwege auszuweichen, den Tag und seine Taktung noch etwas hinauszuschieben. Blick in die Ferne über Häuser, Bäume, Park, bis dorthin, wo die Plattenbauten das Grün überragen. Kein Wind heute, keine Bewegung, nur wenig Sonne. Der Moment fühlt sich so matt und glanzlos an wie der Morgen in seinem frühen Schimmer. Erstmal Kaffee, also, wie immer. Ordnung später. Kommt gut ins Wochenende!