Dann Supermarkt des geringsten Misstrauens, ohne großen Bedarf, aber wegen der Routine, die stabil genug war, die Zeit seit der Pandemie zu überdauern, und vielleicht deswegen einer gewissen Würdigung bedarf. Die Automaten streiken immer noch, hartnäckig, ungerührt, und die menschlichen Bediensteten versuchen, enstandene Lücken zu füllen. Zudem verweisen resolute Mitarbeiterinnen einen jungen, vornehm gekleideten Mann des Hauses, der ebenso plump versucht hat, Wodka und Zigaretten zu stehlen, wie er im Gespräch darauf verfällt, alle Umstehenden anzupöbeln und zu beleidigen. (Eigener Warenkorb - halbwegs konstant, die Zahl steigt kontinuierlich, Rechenübungen, Sorgenfalten, um so viele und irgendwann auch sich selbst. Der junge Mann schaffte es bis zum Parkplatz hinter dem Haus, schimpft auf Büsche und Wolken und Woche und trinkt Korn aus dem Flachmann, der der Kontrolle entfallen ist. Kälterer Wind, grauer Himmel, erster Regen.)
Irgendwo in den Stunden blickt man auf die Uhr und in den Himmel, atmet das Schwüle, vermeint Donner zu hören hinter den Mittagsglocken. Im Hinterhof treten die Nachbarskinder einen Ball gegen die alte Mauer, monoton und mit erstaunlicher Beharrlichkeit. Pausen sind kurz, wenn sich in ihrem Verlauf Bildschirme und Sitzungen nicht sperren. Tage sind voll, wenn sich in die Lücken zwischen den Themen noch andere Themen schieben und man nurmehr auf Viertelstundenebene plant. Ein Schmetterling flattert das Fenster entlang. Die Wolken reißen auf, zerfasern, fliehen miteinander, voneinander und die Hitze kriecht weiter über das Dach.
Knacken in den Hörern, als Analogon zu sich schließenden Türen, nachdem der Raum langsam leerer wurde. Einige Wimpernschläge später treibt eine seltsame Mittagsschwere über dem anderen Viertel, der man sich nur mit Kraft entziehen kann. Isolierte Nebenzimmer, immer noch ungewohnte Abfolgen von Bewegungen gegen die Härte in sich. Und ein anderes, sich stetig wiederholendes Knacken, das man überhören möchte. Telefon klingelt. Bürohund knurrt im Traum. Eine Wolke in der Fenster-Ecke, Form eines Schmetterlings. Und jede Menge Wind.
Zwischen den Wettern, Schichtwechsel im Supermarkt des geringsten Misstrauens. Die Selbstzahlerkassen haben sich verabschiedet, wieder, und vermutlich wieder ein Softwarefehler. Kann man nichts machen. Personaleinkauf, mit Mobilgerät und Rabattkarte. Samstag als Realität, Montag schon als Ahnung, aber die Gespräche sind noch entspannt. Irgendwo weit hinten in der Schlange regt sich zornige Eile, aber die Eiligen sind meist die Unangenehmen, und die Belegschaft hat längst gelernt, wen man wann ignorieren sollte. Schneesturm als Aprillaune vor automatischen Türen. Ein verschneiter Porsche, Familienausführung. Eine überquellende Mülltonne. Und Tropfenwellen auf großen Pfützen. Fast schon Sonne, verschämt und still ganz an den Ecken des Augenblicks.
Abmelden, Anmelden. Bildschirm entsperrt, unterbrochene Verbindungen zusammensuchen und wiederherstellen. Dazwischen liegt ein Spaziergang im durchdringenden Wind. Ein Exkurs durch Notwendigkeiten und Annehmlichkeiten des Alltags im Heimbüro. Eine vorsichtige Navigation durch vollgestellte Gänge im Supermarkt des geringsten Misstrauens, in dem die Weihnachtsware schon fast wieder ausgemustert wird. Ein jung gebliebener Großvater steuert einen grotesk großen, mit "Enkelkutsche" etikettierten Jeep vom Parkplatz. An der Ecke zwischen Haltestelle und Bauzaun gestikulieren zwei Passanten mit einem Smartphone und schimpfen über Gesehenes, Verstandenes. Ein einzelnes Lindenblatt taumelt gen Rinnstein, die Post zieht von Haus zu Haus. Baggerlärm. Keine weitere Sonne. Kein neuer Schnee.