Müde? Ja. Klar. Immer. Wie alle, im Moment. (Kurzer Austausch entlang der Regale, Supermarkt des geringsten Misstrauens und man erkennt sich noch, spricht miteinander. Das Aggregat der Gefriertruhe dröhnt und klappert, zwei Praktikanten in Dienstkleidung laden Joghurt und Käse von einer Palette. Die Selbstzahlerterminals wurden wieder freigeräumt, etwas verstaubt, aber ansonsten unverändert nach den Wochen, eine kryptische Fehlermeldung auf den Bildschirmen hinter dem Schild, das weiterhin in großen Lettern ihren Defekt feststellt. Zurschaustellung der Streikenden als nächster Schritt in der Strategie, ein Misserfolg mit Ansage. Staub tanzt in Böen über den Parkplatz. Der Hausmeister nimmt sein Mittagessen auf dem Fahrersitz seines Transporters, reagiert nervös auf jeden Vorübergehenden und man überlässt ihn sich selbst, während die Zeiger weiterschreiten. Immer noch im Takt.)

Überlegungen zur Pausengestaltung: Grundlegende Bedürfnisse stillen, ohne allzu weit aus den Abläufen aussteigen zu müssen, wissend, dass es schwierig war, erst einmal hierher zu finden. Unterwegs im Tunnel, aber die Konzentration steht auf wackeligen Beinen und es herrscht kein Mangel an Ecken und Ablenkungen, die dahinter lauern können. Dazu Baustellenfortschritte in engen Seitenstraßen und wieder geschlossene Fenster, vieler Art, weil die Welt für den Moment und seine Möglichkeiten merklich zu laut ist. Graue Tauben, graue Dächer, grauer Himmel.

Kurz nach dem Mittag: Pause, Fruchtjoghurt, abgestandenes Mineralwasser und ebenso abgestandene Ratlosigkeit. Gefühle, die man kennt und an die man sich trotzdem schlecht gewöhnen kann, auf vielen Ebenen. Ein Wunsch, im Hof zu sitzen unter dem zögernd ergrünenden Baum, aber dafür bleib der Tag zu kalt, dafür ist das Risiko unerwünschter plötzlicher Nähe zu groß. Also zieht man sich weiter nach drinnen zurück, formuliert Absätze um, lässt neue Kommunikationen fließen und die Wolken gen Westen treiben, während nebenan auf der Baustelle Presslufthammer und Kreissäge einander anbrüllen und Bürohund unter seinem Schreibtisch schläft. Gedanken zu Umwegen und Abwegen, wie so oft.

Halb durch den Tag und noch immer nicht ganz mit sich. Pausenzeiten abgleichen, Mitteilungen umleiten. Aus einigem Abstand weiche Wolken umfassen, die Tauben auf der Reling entlang der Terrasse mit einem kritischen Blick zum Schweigen auffordern, Termine aus dem Vormittag in viele Nachmittage schieben. Spaziergänge über Beton, halb verheddert in Gesprächen der Management-Männer aus den Nachbarbüros. Von manchen möchte man sich lieber fernhalten, thematisch, menschlich. Aber manche Erfolge sind leichter zu erreichen als andere. (Buch und Musik, als Abweichungen neben dem geplanten Kurs. Und eigene Sonne. Jenseits aller Fassaden.)

Schreibtischfoto: Headset. Bunte Schnipsel. Reclam-Heftchen Janosch, Wörterbuch der Lebenskunst.

📷 lost-in-moments

Mittagsstunde und der Versuch, Deutungshoheiten nicht abzugeben oder zumindest nicht so wichtig zu nehmen. Gegenüber auf dem Balkon ringen Taube und Krähe um Unsichtbares, die Elster beobachtet das Treiben vom Schneefang aus mit mäßiger Neugier. Eine frische Brise schleicht vom Fenster her durch die Regale hin zum Flur, streift über Pflanzen und verliert sich seufzend in den Fugen und Spalten der großen Tür. Insektenbewegungen. Unbenannte und benannte Zeitplanungen. Und immer wieder das unfreundliche Gefühl, Wesentliches ganz tief unten im Stapel vergessen zu haben. Eine eigene Art von Schatten.