Zwischen den Schauern und Stunden, ein paar Schritte über den Asphalt. Regentropfen haben bizarre Formationen aus Staub und Blütenblättern auf die Scheiben geparkter Fahrzeuge gemalt. Eine junge Frau steht neben dem Eingang zum Supermarkt des geringsten Misstrauens und telefoniert viel zu laut, in berührender, trauriger Weise wirkt alles an ihr müde und verlebt, bis zu Stimme und den gewählten Worten. Jeder trägt seine eigenen Geschichten durch die Welt, durch die Reihen voll bepackter Regale, die Warenträger mit Sonderangeboten, die Gasse der Zeitschriftenaufsteller voller falschem Glanz und Geschrei. Zu viele Widersinnigkeiten. Alles zu laut. Atemkontrolle, Fluchtreflex und ein leichter Schwindel. Die Zeit kennt verschiedene Geschwindigkeiten.

Auch: Die Hausecke. Die kalten Böen. Der Korn aus jener kleinen Flasche, die fast unsichtbar in der Jackentasche lebt. Man erkennt die Sonderangebote des Supermarktes des geringsten Misstrauens, in dem die Software fortgesetzt die Selbstzahlerkassen bestreikt, die Mehrzahl der üblichen Kunden diese Tatsache längst akzeptiert hat und selbst anfänglicher Sarkasmus in einem Sumpf aus zäher, nur oberflächlich stiller Resignation versunken ist. Zwischen den Regalen wirbt derweil eine heitere Radiostimme für Aktionspreise in der App, und insgesamt hat der Vorabend nicht mehr viel Sonne über abgelaufenen Steinen.

(Man verwende den erste lichte Viertelstunde des Vormittags für einen weiteren Ausflug ins Freie. Supermarkt des geringsten Misstrauens, teure Schnittblumen und alterndes Obst, biologisch, weit gereist. Das Personal hat entspannte Freitagslaune, statt der gewohnten Altmusik treibt Radiowerbung durch die Korridore, die wohl über platte Zweideutigkeiten und die resultierende peinliche Berührtheit in Erinnerung bleiben soll. Ziel erreicht. Immer noch Terminalstreik, man spricht nicht über den Terminalstreik, und überhaupt dienen die Geräte nur noch als Träger nunmehr für unsortierten saisonalen Kleinkram. Dann kaltes Treppenhaus, eine spürbar mitgenommene Hornisse auf dem Absatz, auf dem Briefumschlag, auf dem Fenstersims geschützt vor Wind und Wetter. Kloß im Hals, wie so oft, angesichts der Begrenztheit der eigenen Fähigkeiten zur Hilfe. Nochmal Kaffee, fernere Termine. Am Rande neuen Regens.)

Das gewohnte Viertel, kühler Wind, Feierabend. Im Supermarkt des geringsten Misstrauens reagieren die neuen Kollegen angespannt und gereizt, wenn man nach dem Stand der Dinge und Verhandlungen mit den streikenden Terminals befragt. Hinterhofkinder von einst tragen Vollbart und Hosen, die einen reflexartig die Festigkeit des eigenen Gürtels prüfen lassen, kaufen Bier und Wodka und mitunter in diesem oder jenem Blick erkennt man noch die Dreijährigen, die Löcher in den Sandkasten graben an warmen Sommernachnittagen. Immer irgendwo, aber wann?

(Der Morgen ferner: Exkurse in die Umwelt, um gewisse Bedürfnisse zu befriedigen - etwa Kaffee zu kaufen. Mit der Öffnung liegt noch ein unberührter Frieden über dem Supermarkt des geringsten Misstrauens. Wer hier jetzt schon wach ist, ist entweder noch oder schon verschlafen genug, um kein gesondertes Interesse an irritierenden Begegnungen zu haben. Immer wieder weht die Musik aus den frühen Nullerjahren durch die Flure, und Ort und Zeit werden unwirklicher, als sie es eh schon sind.)