Zum Mittag finden sich kurze Wege. Supermarkt des geringsten Misstrauens, nur einige ältere Herrschaften, die sich mit Grundnahrungsmitteln und der verfügbaren Tageszeitung eindecken und eine unscharfe Angst vor dem eigenen Altern wecken. Schichtwechsel im Personal, manchmal ist der Gruß freundlicher, wenn sich Menschen gerade nicht in Kleidung, Takt, Zwängen ihrer Routine bewegen. Ferner gehört es zu den schlechteren Ideen, hungrig einkaufen zu gehen, allenfalls der enge zeitliche Rahmen verhindet ein Ausufern so kurz vor dem Wochenende. Stattdessen Beschränkung aufs Notwendige, und das innere Murren über Selbstzahlerkassen, schlechte Software und undurchdachte Prozesse gehört wohl dazu. (Blinzeln in die unerwartete Sonne, wenig später. Postbote, Buchhändler, Apotheker gegenüber. Der nächste Anruf schon in Warteschlange. In Bewegung bleiben.) 

(Montag, auch: Supermarkt des geringsten Misstrauens, um gerissene Lücken aufzufüllen, und um einige Schritte aus der Enge heimischer Bürowirklichkeit zu tun. Kopfhörer unter der Kapuze. Wunsch nach Abstand, spärliche Kommunikation über Blicke, auch weil um diese Zeit hier niemand ist, mit dem man wirklich kommunizieren mag. Banale Dinge in den Wagen packen. Wege durch vollgestellte Gänge finden, sich in den Gedanken an Provisorien verlieren, an Vorübergehendes, das zum Dauerzustand wird. Immer die Hälfte vergessen. Und nach den Wolken starren, draußen, wieder mit dem Asphalt der Straße unter den Sohlen. Kurz genug weg, schnell genug wieder zurück.)

Supermarkt des geringsten Misstrauens. Als Herausforderung des Nachmittags, weil man immer irgendetwas vergisst, das keinen Aufschub duldet. Über den Parkplatz treibt ein Hauch von Gras, der Himmel hängt voll schwerer Wolken, alles Licht wirkt müde und fahl. In den Kopfhörern tritt Julie Simonsen ihre Basstrommeln mit präziser Konsequenz. Die Gedanken vibrieren im Takt. Hinter der automatischen Tür streiten zwei wütende Kinder, bis sie von ihrer Mutter zurechtgewiesen und mit robustem Griff nach draußen geführt werden. An der Grenze der Aufnahmefähigkeit: Weit mehr soziale Interaktionen, als die Stunde braucht. 

Hinter dem Mittagshorizont wird es lauter. Baustellenhektik, Laubbläser, Speditionen und das Geplapper einer Schulklasse, die eine Lücke zwischen den Fächern gefunden hat und auf dem Parkplatz ihre Pause verbringt. Im Supermarkt des geringsten Misstrauens kämpft wenig Personal gegen viel Lieferung an, neben dem Regal mit Mehl und Zucker stehen einige Paletten Weihnachtsbier, die Schlange der Wagen wartet derweil sehr geduldig - oder resigniert - darauf, dass die Papierrolle in der Kasse gewechselt wurde und der normale Prozess wieder anläuft. (Kontaktversuche ablehnen, in kleinen Etappen Notwendigkeiten einsammeln, und dann die Türen hinter sich schließen lassen. Weiter im Text.)

Nach dem Vormittag: Den Regen unterschätzt. Durchweichte Kapuze auf nassen Haaren, trotz kurzer Wege. Supermarkt des geringsten Misstrauens, Feilschen mit Leergutautomaten - Beharrlichkeit gewinnt, Unverständnis staut sich auf. Nebenan kaufen zwei junge Frauen Obst und klagen über Qualität und Preis der Äpfel, die Räder ihrer Kinderwägen hinterlassen dicke feuchte Spuren auf glatten Fußboden. Aus den Lautsprechern erklärt eine heitere Stimme die laufenden Aktionen, mit Konsum den Herbst attraktiver werden zu lassen. Wasser trommelt Dachbleche, die Marktleiterin streitet am Telefon mit einem Lieferanten und verpackt spürbaren Zorn in knappe, messerscharfe Formulierungen. (Früher als sonst und trotzdem zu spät. Verzug in allen Punkten, zunehmend als Dauergefühl.)