Kurzer Schlaf, unterbrochen durch vertraute Unwägbarkeiten. Bislang keine Anzeichen von Sonnenaufgang über den östlichen Dächern, noch nicht einmal erkennbar Umrisse von Dächern selbst im tiefen Schwarz, das knapp hinter der Küche beginnt, tief, reglos, abweisend. Die ersten Handgriffe absolviert, ohne sich recht daran zu erinnern. Erster Kaffee. Und das andere Rauschen frühen Denkens, das nach der Ruhe versucht, alle wichtigen Fragen dieser Zeit auf einmal zu verstehen. Mit überschaubarem Fortschritt, wie immer. Habt es mild heute.
Der nächste Morgen: Schlechter Zuhörer sein. Auch sich selbst. Zu viel Blick in Leeren, immer dann und überall dort, wo die Tage Unebenheiten aufweisen. Eine grüne Wäscheklammer liegt auf der Anrichte. Vergessen, ob damit irgendein Hinweis zu Wichtigem verbunden war. Vielleicht finden sich alle losen Enden später wieder ein. Erster Kaffee, Banane, verborgen summende Stadt jenseits dunkler Gemäuer. Andauernder Startvorgang, der manchmal länger braucht als gewünscht. Habt es mild heute.
Aufwachen für den neuen Tag, gefühlt immer kopfüber und immer überrascht von der Realität hinter dem Wecker. Mehr Wärme in den Zimmern, heute. Auch: Des Abends Dinge sichtbar liegen lassen, um sich an Wichtiges zu erinnern, aber die Details einige Stunden weiter trotzdem vergessen haben. Gedanken verlieren an Mikrokosmen, Umlaufbahnen, Gravitation und schwarze Löcher, während der Wasserkocher gegen den Kühlschrank ansingt und im Treppenhaus die Tritte von Winterschuhen und klappernden Schlüsseln hallen. Schweigendes Viertel, bei geschlossenen wie bei offenen Fenstern. Vorsichtig: Hinausfühlen in einen kalten Freitag. Habt es mild heute!
Regelmäßig aufgefrischtes Wissen: Wer noch einmal einschläft, kurz vor dem Wecker, erlebt einen unrunden Morgen, der nicht gut in Schwung kommt und dabei beständig irgendwo aneckt, schleift, zittert. Dann läuft man im Halbschlaf die üblichen Koordinaten ab, spürt, dass das kalte Wasser für die gegenwärtig vorgesehene Anwendung viel zu warm, die Heizung viel zu kalt, das Küchenlicht einmal mehr viel zu grell ist. Bleibt an Nuancen hängen, die am Vorabend noch ausreichend geordnet schienen. Verspürt mehr Hunger als Appetit. Und versucht in vager Vorausplanung, all die Dinge auszublenden, die schön wären, aber nicht auf den Zeitstrahl des Tages passen. Eine der vielen Künste, die man gern meistern würde, aber doch nur laienhaft praktiziert. Habt es mild heute!
(Nacht floh, Regen blieb. Vielstimmiges Tropfen in den Rinnen und Bäumen, dazu das Küchenradio eher als Geräuschkulisse denn als ernsthaft wahrgenommenes Medium. Lauter werdender Wasserkessel. Die Augen gewöhnen sich nur langsam an das Licht, die Gedanken nur langsam an die morgendliche Aktivität. Passende Wahl der Kleidung des Frühstücks der Worte der Aufgaben vor dem Aufbruch in die noch, immer müde scheinende Welt. Nicht überfordernd, nicht anstrengend, aber mitunter ist die Zeit vor der Dämmerung derlei Entscheidungen nicht zuträglich. Habt es mild heute!)