Was von der Nacht liegenblieb: Ein Origami-Schwan auf faltigem Tischtuch. Ein geöffnetes Buch, Hochglanzfotos und verlorene Orte. Blumen in den Bildern, Blumen im Keramikkrug mit den blauen Ornamenten. Und die schöne Vorstellung, dass Geschichten auch leben durch das Gefühl des schweren Papiers unter den Händen, den Duft von Druck, Farbe und Bindung, die räumliche Begrenztheit im Eigenleben unsortierter Regale. (Abwegigkeiten. Früh, in den Stunden, bevor alles wieder erwacht. Früh, vor dem ersten Kaffee und dem gewohnten Weg. Habt es mild heute!)
(Schließlich: Wieder aufwachen. Neuer Morgen zwischen schmalen Augenlidern. Abkühlung, ein vorsichtiger Lufthauch lässt Staub tanzen. In der Straße schreit die Alarmanlage eines Autos mit den Schwalben um die Wette, das Wasser für den zweiten Kaffee köchelt langsam und die angerissenen Themen haben Schlaf und Dämmerung wieder überdauert. Also: Letzte Müdigkeit erfolglos aus den Falten zu waschen suchen. Verknittertes Gefieder glattstreichen. Und zurück auf das Spielfeld, so lang die Wärme Bewegungen noch nicht unerträglich macht. Habt es mild heute!)
Blinzeln im Sonnenaufgang, frühe Stadt hinter weit geöffneten Fenstern. Beizeiten den Kontakt zum Schlaf verloren, aber liegen geblieben, weit es für mehr Aktivitäten noch keinen Grund gab. Einige Etagen weiter quieken die Kinder schon auf dem Balkon, singen Lieder laut und schief. Kurz geistert ein dumpfer Schmerz durch das Bewusstsein, und die Reste des leisen Dämmerns verschwinden in der Betrachtung der Frage, ob dieser real oder nur Nachhall flüchtiger Träumen war. Vorsichtige Schritte in den Morgen. Kaffee, Melone, frisches Brot. Unschlüssig, ob man den Tag formen will oder ihn einfach nur zulässt. Habt es mild heute!
Nacht im eigenen Bett, vertrautes frühes Treiben im eigenen Viertel. Der Tag wischt Schlaf und Träume aus den Augen, streckt sich, gähnt. Ein träger Himmel malt graublaue Muster in die Fenster. Irgendwo krächzt eine Kaffeemaschine, ungewohnt früh, Besteck klappert. (Dem Bett entsagen. Borsten und Bart in grobe Form streichen. Die Kunst des späten Aufwachens, immer noch verbesserungsfähig. Habt es mild heute!)
Auch, später: Das markante Unruhige, das dem nächtlichen Verweilen in fremden Betten, zwischen fremden Vierteln und Hügeln entwächst. Aufstehen. Gähnen. Die Morgenbahn auf ihrer Tour sehen und hören. Und sich die Borsten geradestreichen, Kleidung zusammensuchen, die Pläne für das Heute sorgsam in den Rucksack falten zu dichter Jacke und allem, was der Morgen vermutlich noch braucht. Und dann erster Kaffee. Eillos, als Luxus. Habt es mild heute!