Und dann Wochenmorgen, ganz plötzlich. Fast Winterkälte. Rauhe Luft aus den Höfen, Nebel, Kohlenöfen, früher Verkehr, Flusswiesen. Die Welt klingt noch gedämpft und arbeitet gegen jeden Versuch an, Klarheit zu schaffen dort, wo die Sichtweite kaum Armeslänge überschreitet. Erster Kaffee entstand, ohne genau zu wissen, wie. Flüchtige Blicke, die Liste des Tages hinunter; Montagsroutinen, eigentlich vorübergehend und jetzt doch schon viel zu lang, anderes Datum, anderer Fehler, selber Effekt. Notizen fortschreiben, für jetzt. Und die Bewertung verschieben auf später. Man findet richtige und falsche Zeiten für solche Details. Und braucht vorher halbwegs geordnete Anfänge. Habt es mild heute!

Schließlich: Aufwachen. Durchatmen. Schlaf aus den Augen reiben, Stoppel glätten, das kalte Wasser abtrocknen. Die zahlreichen kleinen und größeren Vögel schrecken auf, wenn man dem Fenster zu nahe kommt, und fliehen in alle Richtungen. Keine Katzen, keine Gänse. Ein Hauch von Frost über den Resten von Grün. Der Sonntagmorgen zwischen den Hügeln bringt eine ganz eigene Stimmung. Habt es mild heute!

Dorfnacht folgt Dorfmorgen folgt Sonnenaufgang über den Osthügeln und die verhalten Rückkehr all der Klänge, die den Tagen inmitten der Felder und Wäler gehören. Wieder beizeiten aufgewacht, Schwingen mit irgendwelchen Takten, ohne zu wissen, mit welchen, und jetzt Suchen: Das Frische des Wassers, die ersten Farben, die das neue Licht hergibt. Stadtfern reglose Stille in den Steinen, unter den Füßen, denen die gewohnten sanften Vibrationen der Umgebung, der Straßen, der Züge und Kreuzungen fehlen. Erste Gespräche, in kurzen Sätzen, Sprache ohne viel Schmuck so früh nach den Träumen. Und natürlich Kaffee. Weil Fixpunkte immer gut sind. Habt es mild heute!

Frühe Erkenntnisse, auch: Abendrituale gegen Unordnung helfen, aber die Wahrnehmung zu verschiedenen Tageszeiten ist eine andere, die morgendliche Stunde viel leichter aus ihrer fragilen inneren Ruhe zu bringen. Wasserkocher, Kaffeepott, beschlagene Fenster. Die Nachbarschaft ist still, wird es heute vermutlich auch bleiben. Jenseits der Häuser treibt noch der neblige Schein von Kreuzung und Parkplatz, kaltweiß und rostrot. Ein Bus fährt durch die Haltestelle, niemand will hier weg, niemand will hierher. (Lose Enden sortieren. Schreibtisch freiräumen. Mit sich selbst verhandeln, wo heute die Grenze verläuft zwischen Möglichem und Notwendigem. Ein immer wieder zähes Unterfangen. Habt es mild heute!)

Morgen, entlang der Bahnschienen. Immer noch nicht ganz auf das Wetter eingestellt. Vorsichtiges Navigieren über glatte Steine, während Wasser durch die Haare ins Genick rinnt. Ein paar chinesische Touristen joggen flusswärts auf die große Brücke zu, in kurzen Hosen und ärmellosen Shirts, und unterhalten sich dabei, als wäre das Rennen kein merkliches Problem. In der Querstraße folgt die Stadtreinigung ihrer Routine, das Klappern von Deckeln und der Atem der braunen Tonnen dringt scharf durch die Luft. (Musik stummschalten, bei der Einfahrt in den Keller. Sich einordnen. Aufzug. Zweiter Kaffee. Dankbarkeit für die kleinen Dinge des Lebens, heute: Tage, deren frühes Licht genau passend ist für die eigene Verfassung um diese Stunde. Habt es mild heute!)