Weit hinter dem Tag: Ausrasten, im nach innen gewandten Sinn. Irgendwann ist der Abend erneut in die übliche Haltung gerutscht, in der man viel zu lange verharrt und die spürbar wird, sobald es an ungewohnte Bewegungen geht. Strecken, zur Zimmerdecke, Gähnen mit halb geschlossenen Augen. Wieder ein wenig mehr der eigenen Länge gewinnen, knirschend und knackend. Maschinen formen noch einmal Daten, die Bildschirme schon etwas matter. Vor den Fenstern liegt klare unentschlossene Nacht, sich zwischen Herbst und Winter wähnend, in das milde Leuchten der letzten noch wachen Häuser getaucht. (Nebenan erörtern ernste Stimmen Schwerwiegendes, das jeden Ton färbt, auch wenn die Wand Worte und Bedeutung schluckt. Türen schließen, Räume wechseln, bevor die nahenden Träume gar zu hellhörig werden.)
Close to 9pm. Stop-motion hours, work breaks, coffee breaks, wine breaks. Surrounded by early darkness that slowly turned deeper, denser, more encompassing, more hiding the reality of the world. Swinging in between different rivaling conceptions turning these weeks into a spiritual journey or a candy-coloured carnival, depending who to ask. Sometimes, maybe more than ever, it's the joys of the silent places off the big squares where to let things settle, where to take a breath, where to meet oneself.
Halb durch den Tag. Entlang an jener Grenze, an der Automatisierung knapp mehr Aufwand wird, als die Aufgabe rechtfertigt - und man sich in Handarbeit wiederfindet, die dann trotzdem zeitraubend und fehleranfällig ist. Gelegentlich scheint es nur schlechte Lösungen zu geben. Aber immerhin hat der Mittag Kuchen. Zwischen Bäcker und Fahrstuhl wird der Wind eisig und nass, also beschleunigt man den Schritt, verschwindet im Schutz des grauen Betons und schließlich in den noch offenen Untiefen der heutigen Aufgaben. (Beschreibungen aktualisieren. Tickets schließen. Bemerkungen überhören, die nur Kraft kosten, aber nichts voranbringen. Noch keine Sonne bislang in den Wolken.)
Fortgesetzter Dämmerzustand, Frösteln im eigentlich gar nicht so kühlen Morgen. Fluss unter den Füßen, Schritte entlang der Gleise, weil das Warten auf die Bahn um diese Stunde schwerer fällt als das Laufen von Haltestelle zu Haltestelle, bis man fast überholt wird. Den frühen Verkehr kreuzen, Ampel-Herzschlag der verschiedenen Stadtteile spüren, hell erleuchtete Erdgeschossbüros passieren, in denen die Fleißigen der ersten Stunden alles vorbereiten für jene, die nach erst weit nach ihnen kommen. (Auf dem eigenen Schreibtisch hat der Nikolaus Schokolade und eine Orange vergessen, und es bleibt zu überlegen, ob zumindest Letzteres als Fingerzeig auf die von Kuchen und Kaffee geprägten Tagesrituale verstanden werden darf. Apropos - Kaffee. Da war noch was. Habt es mild heute!)
(Der Abend blieb und bleibt holprig. Manchmal fällt es schwerer, klare Gedanken zu fassen, oder überhaupt an geordnetem Denken festzuhalten. Unten auf der Straße ist es laut, heute. Frauenstimmen telefonieren in einem Auto, hörbar bis weit in die oberen Etagen. Einige Fenster haben sich geöffnet und wieder geschlossen, im Dachgeschoss nebenan werden Kommentare ausgetauscht, man raucht und kichert und übt Selbstbeschränkung bei Ernsthaftigkeit. Die Offenlegung anderer Geschichten, und merkwürdige Überschreitungen von Grenzen, die einen eigentlich gar nicht berühren wollen. Milde Nacht unter unsichtbaren Wolken, unter sternlosem Himmel.)
Mittagslicht. Tag blieb kalt. Der Imbiss an der Ecke hat die Glasfassade über und über mit Weihnachtsdekoration vollgestellt. Jetzt hantieren Menschen in Blaumännern auf dem Bürgersteig, das gesamte Haus verschwindet Stück für Stück, Etage für Etage hinter einem schweren rostigen Gerüst. Da scheinen noch Vorsätze im laufenden Jahr zu existieren, oder Geld, oder beides. Im Hinterhof ist der zugefrorene Teich weitestgehend unter neuem Schneegries verschwunden, im Wipfel des Baumes halten zwei trotzige Blätter ihre Stellung, und heute vertrödeln sich die Stunden ohne Beobachtung durch die Tauben, die sich in unbekannte Ecken zurückgezogen und den Block sich selbst überlassen haben. Kirchglocken, volle Stunde, Quarkkuchen und noch ein Kaffee. (Energie sammeln, die Fehler des Morgens zurücklassen, sich vorbereiten auf die Fehler des Nachmittags.)
Erwachen noch weit vor dem Tag: Das unsichere Vergnügen des Pendelns an einem kalten Morgen. Für ein paar Minuten wortlos, gedankenlos beobachten, wie Straßen, Kreuzungen, Kirchtürme hinter der Bahn vorüberziehen und kleiner werden um diesen Fixpunkt herum, der immer in der Mitte des Blickes, immer unbewegt scheint. Und dann umsiedeln, weil das Husten und die Nähe unangenehm und aufdringlich werden. Irgendwo weiter streift man den hell erleuchteten Gang des alten Büros, ist für einen knappen, schwer zu ordnenden Augenblick wieder dort, in den besten Zeiten in den schwierigsten Zeiten, die die Erinnerung preisgibt. (Dann wieder Straße unter den Füßen. Der Niederschlag ist unsichtbar und nadelspitz, fliegt mit dem Wind und pflügt durch die Haare bis auf die Kopfhaut. Im neuen Büro steht ein Weihnachtsbaum am Terrassenfenster, dessen Glanz bis in den Hof reicht. Es gibt schlechtere Bilder, zum Ankommen. Habt es mild heute!)
Es dauert nie lang, bis wieder Montag über den Dächern liegt. Heute eisig und weithin sternenklar, egal, in welche Richtung der Blick treibt. Trockenes Husten in rauher Luft, Frieren trotz dicker Kleidung, alle Systeme (die externen und die eigenen) brauchen noch etwas, bis sie sich aufeinander eingeschwungen haben. Schon fordern die ersten Themen des Tages Aufmerksamkeit, aber vor dem ersten Kaffee bleibt bestenfalls Sichten und Beobachten. Für qualifiziertere Taten ist alles noch zu früh, zu dunkel, zu unrund. Irgendwo im elektrischen Zwielicht jagt eine äußerst wache Katze Strohsterne und erste Schatten, der Radiowecker erzählt vor sich hin, im Hinterhof öffnet quietschend ein Garagentor. Das Viertel streift sich Winterstiefel über und begibt sich wieder auf den Weg. Habt den Tag mild!