Immer wieder trifft man auf diesselben Gemütslagen der Diskussionen, in denen irgendjemand in der anderen Stadt sich hineinsteigert in die eigene Wut auf den Leergutautomaten oder die Schlange an der Fleischtheke oder die Selbstzahlerterminals, die nur Kartengeld akzeptieren oder die Kassiererin, die große Scheine für kleine Beträge nicht wechseln kann. Verstimmter Zorn als allgemeiner Betriebszustand, und dann rennt man versehentlich ineinander und wechselt zwei weniger verärgerte Worte und ist irritiert und zutiefst verstört darüber, wie wenig so viele Menschen offenbar noch entspannte Freundlichkeit gewöhnt sind. Immer noch viel zu wenig Licht in allem... .
(Gegenwart hinter alten Zäunen. Inmitten der Hügel liegen erste Schwaden aus Dunkelheit, in die man eintaucht und den nahen Abend dann fast körperlich spürt. Aber heute kratzt er nicht. Heute trägt er den Willen zum Sommer im Rucksack. Heute duftet er nach Wiese und Wald und trocknenden Feldwegen und wieder jener Ferne, die man nur wahrzunehmen vermag, wenn der Wind günstig steht.)
Wieder späte Mittagspause. Obst, Kaffee, dunkles Brot und Gespräche über Sport im Schnee. Wieder fast weißer Himmel, nur eine Ahnung von Sonne, und in der Kreuzung rumort das übliche Treiben aus Baustellenfahrzeugen, Lieferverkehr und gestressten Anwohnern, die es nur in Schrittgeschwindigkeit bis in ihre Straßen schaffen. Noch kein Spaziergang um den Block, für frische Luft muss die überdachte Terrasse ausreichen. Die Raucherpause ohne Zigaretten, während im Büro einige Etagen weiter unten Luftballons aufgeblasen und bunte Girlanden im Konferenzraum aufgehängt werden. Der Tag malt Bilder, ohne Geschichten dazu erzählen zu wollen.
Ein Augenzwinkern weiter füllt Dämmerung die Stille zwischen alten Wänden, dies- und jenseits alter Fenster. Gähnen. Hände, Gesicht wecken mit eisigem Wasser. Aus den Augenwinkeln die Vögel beobachten, die zwei Armlängen entfernt im Futterhäuschen Körner aufbrechen. Keine Katzen keine Hunde zurzeit, geschlossene Jalousien, reglose Gardinen, nur ein ferner Traktor legt nahe, dass zumindest Teile des Ortes schon dem Schlaf entflohen sind. Standortbestimmung, merklich vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute!
Kurs zurück durch andere Gassen. Immer trotzdem zu nah an allem, zu viele Düfte und Stimmen und Worte, die nicht zur eigenen Sammlung passen sollen. Ein neues Schaufenster offeriert geschmacklose Outfits, in deren Preis ein ganzes Monatsgehalt bequem Platz findet. Direkt daneben verkauft ein älterer Herr mit furchigem Gesicht unter dem grauen Bart zweifarbige Straßenzeitungen. Hoher Pastellhimmel. Und die Stadt atmet Staub, Kälte und Rost.