Auf halber Strecke: Gleise, derzeit ohne Bahn. Pendler zu Fuß unter grauen Brücken, durch die die Sonne nur langsam kriecht. Rote Ampeln, eine nervöse Schlange, gelegentlich wird gehupt, geklingelt, fallen böse Worte. Weiterziehen, ohne sich in den Augenblick saugen zu lassen. Und dann Tiefgarage, anderer Beton, Fahrstuhl, Ahnungen von Frühaufstehern. Eins werden mit der Umgebung und ihrem Rhythmus, ihrem ureigenen Zeitgefühl.

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Neues Licht am Horizont, ein Verlauf aus einer goldenen Linie in sanftes weiches Blau. Unten wird das Schlafzimmerfenster geöffnet. Eine müde Stimme kratzt Halbsätze auf den frischen Tag. Frühküchengefühl, der Kühlschrank und der Wasserkessel begleiten den Chor der Vögel, nachdem das Radio verstummen durfte. Wieder vorsichtiges Dehnen, vorsichtige erste Schritte und da ist noch viel Nacht im Montag. Habt es mild heute!
Wochenende und Dorfmorgen, in alten Mauern. Auch diesem Tag fehlt bislang der Willen zu Farbe, aber vielleicht ist auch die Wahrnehmung noch zu sehr im Grellen später Träume verhaftet und lässt Nuancen bislang nicht zu. Gähnen. Strecken. Das Knacken und Knirschen eigener Struktur hören, kurz erschrocken zusammenzucken und versuchsweise ein paar Schritte auf dem kratzigen Teppich zurücklegen, bis das Vertrauen in die Physis sich wieder beruhigt hat. Noch immer vor dem ersten Kaffee, noch immer merklich vor jedem Schwung. Habt es mild heute!
Zustandswechsel, erneut. Aus dem Nachtselbst schlüpfen, sich in das Tagselbst hüllen. Klares Wasser im Gesicht, weil alles andere für den Moment viel zu intensiv duftet, als dass die Sinne zu verarbeiten imstande wären. Katze hinter dem Klappern erahnen, ein Zimmer weiter dort, wo die Dunkelheit bis auf Weiteres noch geduldet wird. Vielstimmige innere Unterhaltungen, Pläne aus dem Schatten von Sorgen ziehen, Wünsche aus dem Griff von Ängsten. Und dann den Mechanismus zulassen, Kaffee kochen. Marmelade auf das Brot streichen. Ausreichend für dieses kleine Jetzt. Habt es mild heute!
Nebengrundstück, in Formung begriffen: Am Durchgang zur Straße ringen verschiedene Arten von Grün um die Vorherrschaft in der Hecke. Währenddessen reißen Bagger einige Meter weiter Baugruben in sandigen Boden, brechen dürre Bäume und schälen Bodendecker in große Container. Geruch von Diesel, Erde, geschnittenem Gras. (Geschichten von Brennesseln, Mut und schmerzenden Fingern. Dunstiger Horizont. Noch unterwegs.)

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